Wer sich anschickt, den TERRA.track Fürstenauer Patt zu wandern, wird angesichts der knapp acht Kilometer und ohne nennenswerte Höhenmeter vermutlich knapp zwei Stunden Wanderzeit einplanen wollen. Für unseren Besuch in Fürstenau sollten wir aber deutlich mehr Zeit einplanen. Denn es gibt unglaublich viel zu entdecken. Die historische Hansestadt Fürstenau wurde erstmals im Jahre 1344 als „Vorstenowe“ erwähnt. Und von der langen Geschichte finden wir noch viele gut erhaltene Spuren.
Start an St. Georg
Wir starten unsere Wanderung auf dem TERRA.track Fürstenauer Patt an einem solchen Zeitzeugen, auf dem Parkplatz an der evangelischen Kirche St. Georg. Sie wurde Mitte des 14. Jahrhunderts als Marktkirche gegründet und nach dem Stadtbrand 1606 um ein Drittel vergrößert. Ihren ca. 58 m hohen Turm besitzt sie seit 1899. Im Zuge des Turmbaus wurde die Kirche innen und außen gründlich erneuert. In Höhe des Dachgesimses – unmittelbar neben dem Turmgemäuer – befindet sich die wohl älteste Sonnenuhr des Osnabrücker Landes.
Wir beginnen unsere Tour in Richtung des Schlosses, die Große Straße hinauf. Bevor wir die Keimzelle Fürstenaus erreichen, biegen wir rechts ab in die Bahnhofstraße. Mit der faszinierenden Schlossinsel werden wir uns später noch ausgiebiger beschäftigen. Nun werden wir erstmal ein paar Meter machen. Von der Bahnhofstraße gehen wir in die Konrad-Adenauer-Straße und biegen von ihr schließlich in die Gartenstraße ab.
Durch des Fürstens Aue
Während wir durch Fürstenau wandern, stellen wir uns freilich die Frage: Was hat es mit dem Namen der Gemeinde auf sich? Die Antwort ist tatsächlich so simpel, wie man vermuten könnte: Der Ortsname Fürstenau ist zusammengesetzt aus „Fürst und Au(e)“. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Gründung des Osnabrücker Fürstbischofs Gottfried von Arnsberg.
Am Ende der Gartenstraße folgen wir einem kleinen Heckenweg, queren an dessen Ende die Lingener Straße und setzen unseren Weg auf dem TERRA.track Fürstenauer Patt auf der Segelfortstraße fort. Nach rund 800 Metern müssen wir gut aufpassen, denn die dortige Abzweigung in einen kleinen Seitenweg nach rechts kann man leicht übersehen.
Mehr als einen Kilometer geht es nun durch Felder, ehe wir auf die Straße Am Sternbusch treffen. Wir biegen nach links ab und folgen dann weiter geradeaus gehend der Straße Im Felde bis wir im Walde sind.
Durch den Wald zum Bürgerpark
Rund zwei Kilometer folgen wir nun den idyllischen, stillen Waldwegen durch Buchen, Eichen und Fichten. Die eher breiten Wege werden dabei immer wieder von kleinen Bachläufen gesäumt, die im Sommer aber schnell austrocknen können. Schließlich erreichen wir wieder den Waldrand und biegen hinter dem Stadion nach links ab. Dann halten wir uns rechts in die Straße Mühlenbrink und folgen ihr bis sie die Parkstraße erreicht. Der hübsche Fürstenauer Mühlenbach begleitet uns hier.
Wir überqueren die Parkstraße und haben nun den Bürgerpark erreicht, der sich an die Schlossinsel anschließt. Als Erstes sticht uns das Kriegerdenkmal auf einem kleinen Hügel ins Auge. Von hier aus können wir uns einen ersten Überblick über die Anlage verschaffen. Für eine Zeit lang schenken wir unserem TERRA.track Fürstenauer Patt jetzt keine Beachtung, denn hier gibt es einfach zu viel Sehenswertes zu entdecken, als dass wir einfach weitermarschieren könnten!
Die Fürstenauer Schlossinsel
Mittendrin: die Schlossinsel. Sie ist auch heute noch die Keimzelle Fürstenaus. Sie geht, flapsig gesagt, auf ein Kompetenzgerangel zurück. Seinerzeit beanspruchten zwei Herrscher das Anrecht auf das Fürstenauer Gebiet. Einerseits die Niedergrafschaft Tecklenburg und andererseits der Osnabrücker Fürstbischof. Letzterer ließ zur Demonstration seiner Ansprüche ein castrum erbauen, die Grundlage des Schlosses, vor dem wir heute stehen. Ursprünglich kaum mehr als ein Festungsturm mit Wohnraum.
Erbaut wurde das Schloss 1344/45. Anfangs bestand die Burg nur aus einem Festungsturm mit einem kleinen Anbau. Bis um 1600 entstanden nach und nach die übrigen Gebäude auf der heutigen Schlossinsel. Zunächst der Südflügel, der heute die katholische Kirche St. Katharina beherbergt, dann der Nordflügel, schließlich der Zwischenflügel. In ihm wurde im 17. Jahrhundert das Amtsgericht eingerichtet und 1972 aufgelöst. Erst 1974 wurde der Westflügel erstellt.
Die heutigen Torhäuser dienten seinerzeit als Stallgebäude. Die Burg war im 30-jährigen Krieg zu einer starken Festung mit Wall und Graben sowie Bastionen ausgebaut. Folgebesitzer der Anlage wurde 1972 die neugegründete Samtgemeinde Fürstenau.
Amtsgefängnis und Bastion
Doch noch vieles mehr finden wir, wenn wir ein wenig durch den Schlosspark und über die Schlossinsel streunen. Zum Beispiel den Zugang zum ehemaligen Eiskeller, mehrere Skulpturen und außerdem auch das historische Amtsgefängnis. Zum Tode Verurteilte (z. B. Pferdediebe) wurden außerhalb der Stadtmauern am Galgen erhängt. Die letzte Hinrichtung wurde 1873 vollzogen. 1971 ging das Amtsgericht jedoch nach Bersenbrück, das Gefängnisgebäude diente bis 1972 noch als Jugendarrestanstalt. Dank der behutsamen und liebevollen Restaurierung durch den „Arbeitskreis Archäologie und Stadtgeschichte Fürstenau e. V.“ wird das historisch seltene Bauwerk seit Frühsommer 2019 für Veranstaltungen und Übernachtungen genutzt.
Zu guter Letzt können wir noch die Nord-Ost-Bastion in Augenschein nehmen. Sie ist der einzig erhaltene Wehrbau dieser Art im Osnabrücker Land. Die Bastion wurde vermutlich um 1527 erbaut und erhielt im 30-jährigen Krieg eine Erweiterung. Satte sechs Meter sind ihre Mauern dick.
Pferdemarkt und Schwedenstraße
Nachdem wir all das bestaunt haben, suchen wir wieder unseren TERRA.track Fürstenauer Patt und erreichen auf ihm die nächste historische Station in direkter Nachbarschaft des Schlosses. Der Pferdemarkt trägt bis heute seinen Namen und war ein Platz für die verschiedenen Märkte. Dies waren u. a. die drei Viehmärkte, die die Fürstbischöfe von Osnabrück der Stadt Fürstenau erlaubt hatten. Auch heute noch findet hier die Fürstenauer Kirmes statt.
Es geht weiter Schlag auf Schlag, denn wir überqueren nur die Straße und befinden uns jetzt in einer Art Museumsgasse. Die Schwedenstraße erhielt ihren Namen zur Erinnerung an die Besetzung Fürstenaus durch die Schweden im 30-jährigen Krieg. In ihrem Südteil bietet die Schwedenstraße ein fast komplett erhaltenes Bild der Ackerbürgerstadt Fürstenau. Nur bis zur Hälfte der Straße verläuft unser TERRA.track Fürstenauer Patt, biegt danach nach links ab und führt zu unserem Ausgangspunkt zurück.
You ain‘t seen nothing yet
Und doch gäbe es immer noch mehr Spannendes und Historisches in Fürstenaus Ortskern zu entdecken: das Rentmeisterhaus, das Schlachterhaus, die Rinkenschanze, das Hohe Tor, die Brennerei Becker und vieles mehr. All das können wir zum Beispiel auf dem Stadtrundgang „Auf historischen Pfaden durch die Geschichte Fürstenaus“ mit insgesamt 17 Audio-Stationen erleben und so noch viel tiefer und sehr lebendig in die Geschichte der ehemaligen Hansestadt eindringen. Und spätestens jetzt dürfte klar sein, weshalb sich dieser Besuch im hohen Norden des Osnabrücker Landes zweifelsohne lohnt…!
Warum will ich das wandern? Der TERRA.track Fürstenauer Patt selbst ist bei lichte betrachtet auf dem überwiegenden Teil ein eher eintöniger Spaziergang. Besonders der lange Siedlungsanteil und der weite Weg durch die Felder wären eine Zumutung, wenn, ja wenn nicht, dieser Weg von der zauberhaften Keimzelle Fürstenaus gekrönt würde. Und wenn wir es so betrachten, dann verbinden wir lediglich einen ereignis- und erlebnisreichen Ausflug in den historischen Ortskern mit ein bisschen Bewegung an der frischen Luft.
Bewertung
Natur ★ ★ ★
Ausblicke ★
Abwechslung ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★ ★
Historien-Faktor ★ ★ ★ ★ ★
INFOS
Rundwanderweg, 7,8 km lang
Höhenmeter: keine
Gehzeit: 2 Stunden
Schwierigkeit: leicht
Start: Parkplatz an der Kirche St. Georg (Fürs Navi: St. Georg, St.-Georg-Straße 16, 49584 Fürstenau)