Diese rund zehn Kilometer lange Tour mit ihren knapp 120 Höhenmetern folgt keinem ausgeschilderten Rundweg, aber genau das macht sie so reizvoll. Denn auf diesen Pfaden begegnen wir nur wenigen anderen Wanderern und sehen zugleich Ecken und Ausblicke, die zu Unrecht unbekannter sind. Der Rundwanderweg führt uns zur Schönen Aussicht, zur Kleinen Loreley, zur Bevergerner Aa, dem Kloster Gravenhorst und zum Naturschutzgebiet Steinbruch Gravenhorst. Richtig müsste diese Tour eigentlich Riesenbecker und Hörsteler Highlights heißen – ich weiß es wohl, liebe Riesenbecker Lokalpatrioten! Die Verkürzung der angenehmen Alliteration wegen sei mir bitte verziehen…
Über die Himmelsleiter
Dafür starten wir unsere Tour dann aber auch in Riesenbeck – einem von vier Ortsteilen der zusammengeführten Stadt Hörstel – und zwar in der Straße Am Teutohang. Dort sind so viele Parkplätze am Straßenrand, dass wir selbst bei perfekten Wanderbedingungen hier immer noch eine freie Stellfläche finden werden. Wir halten Ausschau nach den Schildern, die uns zur Schönen Aussicht lotsen und folgen der Straße, bis wir das Schild erreichen, das verkündet, was uns nun erwartet: Schöne Aussicht – 256 Stufen.
Letztere erklimmen wir nun über die sogenannte Himmelsleiter und folgen dabei auch dem Riesenbecker Kreuzweg. Er nimmt seinen Anfang in der sehenswerten Dorfkirche St. Kalixtus im Riesenbecker Ortskern.
Blick auf Riesenbeck und das Münsterland
Schließlich erreichen wir das erste Highlight der Strecke, die Schöne Aussicht. Hier bietet sich uns von der Aussichtsplattform eine grandiose Sicht auf Riesenbeck und das nördliche Münsterland. Der Sandsteinturm der „Schönen Aussicht“ wurde 1926 vom Heimatverein Riesenbeck aufgebaut. 19 Jahre später wurde er im Zweiten Weltkrieg zerstört, da er eine Flakstellung beherbergte. Dem Heimatverein Riesenbeck ist es zu verdanken, dass die Plattform nach dem Krieg wieder errichtet wurde.
Wenn wir uns sattgesehen haben, verlassen wir die zauberhafte Aussichtskanzel wieder übe den Weg, der nach links abgeht. An der nächsten Gabelung halten wir uns links und folgen einmal nicht dem Hermannsweg, der sich nach geradeaus fortsetzt. Wir gehen nun stattdessen parallel zum Kammweg – und das hat seine Gründe. Denn während der Hermannsweg nun zwar hübsch und lauschig oben auf dem Kamm durch den Wald führt, gehen wir an der Hangkante des Teutos weiter und genießen damit fast durchgehend eine großartige Aussicht und ausschließlich schmale, wurzelige Pfade.
Auf schmalen Pfaden an der Hangkante
Rund 500 Meter gehen wir so – ganz verzaubert von der Ruhe, der Aussicht und den schönen Wegen. Ziemlich entspannt gehen wir außerdem, denn es geht stetig bergab. Dann müssen wir kurz aufpassen, um nicht versehentlich wieder auf dem Hermannsweg zu landen. Dazu biegen wir an einer Gabelung nach links ab – und achten gut auf unsere Balance. Denn hier geht es nun doch sehr steil bergab. Am Ende des steilen Abstiegs halten wir uns rechts.
Fast 1,5 Kilometer geht es nun genauso weiter – kleine, unbekannte Pfade führen uns weiter am Hang entlang und ständig parallel zum Hermannsweg und zum Dortmund-Ems-Kanal, auf den wir auch hin und wieder einen Blick erhaschen. Schließlich erreichen wir die Bergeshöveder Straße und halten uns rechts. An der nächsten Gabelung gehen wir abermals rechts und wieder leicht bergauf. Denn nun schicken wir uns an, die Kleine Loreley in Augenschein zu nehmen.
Blick auf das Nasse Dreieck
Wir erreichen ein Hochkreuz und eine Schutzhütte nebst Picknickplatz. Und der könnte perfekter nicht gelegen sein. Denn von hier oben haben wir einen wunderbaren Blick auf den Aussichtspunkt Kleine Loreley, der direkt am Treffpunkt von Mittellandkanal und Dortmund-Ems-Kanal liegt. Schon seit über hundert Jahren, genauer seit 1916, treffen sich hier die beiden wichtigen Wasserstraßen.
Und weil der Münsterländer durchaus trockenen Humor hat, nannte er diesen Ort fortan „Nasses Dreieck“. Auch nach so langer Zeit haben diese Verkehrsadern zu Wasser und ihr Treffpunkt im Münsterland durchaus noch eine wichtige Bedeutung für die Binnenschifffahrt: Durchschnittlich rund 120 Schiffsbewegungen am Tag lassen sich hier beobachten. Logisch, dass das Nasse Dreieck einer von den 80 Glücksorten im Münsterland aus meinem gleichnamigen Buch ist.
Zum Mittellandkanal
Nach einer ausgiebigen Pause setzen wir unseren Weg fort, passieren einen Wanderparkplatz und gehen rechts an ihm vorbei. Auf dem Radweg begleiten wir nun rund einen Kilometer die Bergeshöveder Straße. Das ist nur so mittelschön, aber ein notwendiges Übel. Und schnell vorbei ist es auch. Denn kaum haben wir die A30 unterquert, treffen wir auf die Friedrich-Wilhelm-Straße, halten uns links und biegen kurz vor der Brücke über den Mittellandkanal nach rechts ab und steigen zu ihm hinunter.
Rund 800 Meter gehen wir nun entlang des Kanals. Der über 340 Kilometer lange Kanal ist auch heute noch eine viel befahrene Wasserlinie. Er verbindet den Dortmund-Ems-Kanal mit Weser, Elbe und dem Elbe-Havel-Kanal. Im weiteren Sinne ist er Teil einer Verbindung zwischen Rhein und Oder. Sein Bau wurde übrigens mit dem preußischen Wassergesetzes vom 1. April 1905 beschlossen.
Mit der Hörsteler Aa zum Kloster Gravenhorst
Doch schon vor der nächsten Brücke sagen wir ihm wieder Adieu und verabschieden uns nach rechts, um nun dem nächsten Gewässer entgegenzuwinken: die Hörsteler Aa nimmt uns nun in Empfang. Etwas mehr als einen Kilometer folgen dem teils mäandernden Bach, dessen Flussbett durch den Sandstein oft ockerfarben schimmert.
Hinter einer hübschen Fischtreppe biegen wir nach rechts ab und gehen in den Mühlenbrook und folgen hier nun auch dem mit einem t ausgeschilderten Tecklenburger Land Rundweg. Wir überqueren nochmals die Friedrich-Wilhelm-Straße und erreiche nun das Gelände des Kloster Gravenhorst. Zuerst kommen wir an der Klostermühle vorbei. Die wurde 1262 erstmals urkundlich erwähnt. Der Graf von Ravensberg verkauft sie an das 1256 gegründete Zisterzienserinnenkloster. Nach dem 30jährigen Krieg werden 1651 umfangreiche Umbauarbeiten durchgeführt. Seit dieser Zeit besteht der untere Teil des Mühlengebäudes aus Bruchsteinmauerwerk und der obere Teil aus Fachwerk.
Kunstort und Klostercafé
Nun sollten wir uns auf jeden Fall etwas Zeit nehmen, auch das Klostergelände zu entdecken und vielleicht eine Stärkung im Klostercafé oder dessen Biergarten zu uns zu nehmen. Zu sehen gibt es hier eine Menge – auch deshalb ist das Kloster ebenfalls einer der Glücksorte im Münsterland!
In den Ausstellungsräumen innerhalb der Klostermauern trifft unterdessen übrigens aktuelle Kunst auf alte Mauern. Und hier wird besonders auf Interaktivität gesetzt: KünstlerInnen aus der Region wie aus aller Welt begegnen Kunstlaien, um gemeinsam Kunst zu erschaffen.
Vorbei am Waldfriedhof
Wenn wir alles erkundet und entdeckt haben, geht es weiter, entlang des Sees und dahinter nach links. An der nächsten Kreuzung biegen wir nach rechts in die Waldstraße ab und unterqueren abermals die Autobahn. Direkt dahinter liegt rechterhand ein kleiner Waldfriedhof mit Gräbern aus dem 19. Jahrhundert. Hinter dem Friedhof halten wir uns an der Gabelung rechts und biegen dann bei den Häusern abermals nach rechts in den Forstweg ab.
Nun führt uns unser Weg durch einen Nadelwald und abermals bleiben die Pfade schmal und lauschig. Rund 500 Meter wandern wir so und erreichen dann den Mittelbergweg. Wir halten uns rechts und biegen alsbald an der nächsten Möglichkeit nach links ab, wo es wieder bergauf geht.
Am Gravenhorster Steinbruch
Gleich an der ersten Gabelung halten wir uns links und passieren nach wenigen Schritten ein Schild, das uns mit Nachdruck verbietet, den stillgelegten Steinbruch zu betreten. Das haben wir doch auch gar nicht vor, erwidern empört und setzen unseren Weg unbeirrt fort. Stetig geht es bergauf und immer wieder haben wir nun zu unserer Rechten Einblick in eben jenen stillgelegten Gravenhorster Steinbruch.
Gewaltige Ausmaße hat dieser. Hier wurden Unterkreide-Sandsteine für den Handel mit Baustoffen bis zum 1.6.1964 abgebaut und seit 1994 ist dieser Steinbruch eine unter Schutz gestellte Fläche. 24 Hektar umfasst das Gebiet. Der Sandstein wurde vor allem für Gebäude und Brücken abgebaut. Dank seiner Farbe die von grauweiß, gelb sogar einen Stich ins rot hat, fand er auch Verwendung für Einfassungen von Türen und Fenstern und auf Friedhöfen, wurde aber auch im Straßenbau eingesetzt. Heute bietet das Naturschutzgebiet und die in ihm gelegenen Felswände hervorragenden Lebensraum für viele Schmetterlingsarten, für Eidechsen und Fledermäuse.
Mit Hermann zurück
Gut einen Kilometer gehen wir so auf ganz zauberhaften schmalen Wegen, die uns immer weiter den Teuto hinauf führen am Gravenhorster Steinbruch entlang. Schließlich erreichen wir eine große Wegekreuzung, an der wir auch wieder auf den Hermannsweg treffen. Außerdem entdecken wir ein überdachtes Jesus-Kreuz, das eine der Stationen des Riesenbecker Kreuzwegs ist. Dieser Weg mit seinen fünf Stationen geht auf die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Wir folgen nun dem Hermannsweg in Richtung „Schöne Aussicht“, die wir nach wenigen hundert Metern wieder erreicht haben.
Ein letzter Blick auf Riesenbeck, ein letztes Foto fürs Wanderalbum und dann steigen wir ganz gemütlich die Himmelsleiter wieder hinab und sind wenig später wieder am Ausgangspunkt unserer Wanderung angekommen.
Besonders bedanken möchte ich mich bei Heike, die diese Tour zusammengestellt und auf Komoot veröffentlicht hat. Auf ihrem Profil dort findet ihr übrigens viele weitere selbst kuratierte Touren, die oftmals in Ecken führen, die etwas abseits der üblichen Wanderwege liegen und die deshalb besonders reizvoll sind.
Warum will ich das wandern? Diese Rundwanderung bietet einfach alles, was möglich ist – Ausblicke, fast alpines Flair, Wandern am Kanal und am Bach, viel Geschichte, Kunst und Kultur und fast ausschließlich schmale Pfade abseits des Getümmels. Mehr geht einfach nicht – Höchstwertungszeit!
Bewertung
Natur ★ ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★ ★
Abwechslungs-Faktor ★ ★ ★ ★ ★
INFOS
Rundwanderweg, 10 km lang
Höhenmeter: 120 m
Gehzeit: 3 Stunden
Schwierigkeit: mittel
Start: Wanderparkplatz Am Teutohang, Hörstel-Riesenbeck
Eine ganz wunderbare Strecke, vielen Dank dafür! Kleiner Tipp: Wir sind anstatt das Stück an der Straße den Weg am Mittellandkanal entlang gegangen.