Der magische Hexenpfad in Tecklenburg

Gerade mal fünf Kilometer und nicht mal 200 Höhenmetern? Ich höre schon die ersten Profi-Wanderer verächtlich schnauben und sich abwenden. Damit tun sie dem Hexenpfad in Tecklenburg Unrecht. Und sie verpassen eine ganze Menge. Also bitte wieder zurückdrehen und die Augen auf den Tecklenburger Marktplatz gerichtet. Denn hier beginnt unsere magische Wanderung auf dem Tecklenburger Hexenpfad. Wer mit Kindern wandern möchte, der findet hier auch noch die passende Unterwegs-Geschichte von der kleinen Hexe Loki Lockenkopf als kostenloses pdf und mp3.

Wegezeichen Tecklenburger Hexenpfad
Kleine weiße Hexe auf grünem Grund: das Wegezeichen des Tecklenburger Hexenpfad nimmt uns an die Hand.

Start am Marktplatz in Tecklenburg

Direkt am Haus des Gastes geht es los, wo wir uns zu den entsprechenden Öffnungszeiten auch mit Info-Material zu Tecklenburg eindecken können. Wir finden schnell unsere Begleitung für den heutigen Tag: eine kleine weiße Hexe auf grünem Grund. Sie wird uns heute leiten. Und obwohl wir sie ziemlich oft sehen werden, müssen wir ein wenig aufpassen. Denn der Weg ist hier und da recht engmaschig und beschreibt zudem eine etwas lang gezogene Acht.

Wieso eigentlich ein Hexenpfad

Warum gibt es eigentlich einen Hexenpfad in Tecklenburg? Das fragen wir uns noch, bevor wir los ziehen. Das hat gleich zwei Gründe. Zum einen lieben die Münsterländer Sagen und Legenden, unzählige dieser Geschichten gibt es in der Region. Nicht wenige davon berichten von Umtrieben der Hexen insbesondere in und um Tecklenburg.

Zum anderen aber gibt es auch historische Gründe. In Tecklenburg lebte und wirkte der aus Brabant stammende Arzt Johannes Weyer (oder: Wier), der sich als erster öffentlich gegen die Hexenverfolgungen in Deutschland und den sogenannten „Hexenhammer“ aussprach. Gefördert wurde er wiederum vom Grafenhaus Tecklenburg. Das ist gar nicht so verwunderlich: Die von 1562 bis 1580 herrschende Gräfin Anna von Tecklenburg-Schwerin handelte vielleicht nicht ganz uneigennützig. Sie war selbst Heilkräuterkundige.

 

Burgruine Tecklenburg
Krönchen, so nennen die Tecklenburger die Burgruine Tecklenburg liebevoll.

Zum Krönchen

Burgruine Tecklenburg
Als Steinbruch freigegeben… Wir könnten den alten Preußen noch heute den Hals umdrehen ob dieser Fehlentscheidung.

Jetzt aber wirklich: Wir gehen los, vorbei am Otto-Modersohn-Museum und durch das Torhaus Legge. Der Weg führt uns hinauf zum sog. Krönchen. So nennen die Tecklenburger liebevoll die Ruine der früheren Tecklenburg. Hier also lebte und regierte Frau Gräfin. Schön hatte sie es, das können wir auch heute noch gut erkennen. Denn es sind zwar nur noch Ruinen erhalten, doch die lassen Ausmaße und Schönheit der Anlage noch heute erkennen.

Noch ein ganz kurzer Exkurs: Dass die Freilichtbühne Tecklenburg heute in einer Ruine ihre gefeierten Aufführungen abhält, hat einen tragischen Grund. Der preußische Staat, dem die Burg seinerzeit zugefallen war, konnte sich den Unterhalt nicht leisten. Und gab die stolze Burg auf dem Höhenrücken des Teutoburger Waldes als Steinbruch frei. Ein Jammer.

Wierturm Tecklenburg
Der Wierturm in Tecklenburg wurde zu Ehren des Brabanter Arztes erreichtet.

Wierturm, Hexentanzplatz und Rebstöcke

Hexentanzplatz Tecklenburg
Der Hexentanzplatz in Tecklenburg sieht heute eigentlich ganz friedlich aus. Die wilden Zeiten hat er wohl hinter sich.

Der Hexenpfad führt uns vorbei an der Ruine und vorbei an einem Aussichtsturm, der zu Ehren des Arztes Johannes Weyer errichtet wurde. Mit etwas Glück hat er gerade geöffnet und wir können von oben einen Blick auf Tecklenburg und das Tecklenburger Umland werfen.

Durch eine Allee geht es vorbei an der Bühne, auf der im Sommer die Aufführungen der Freilichtbühne stattfinden und über den Hexentanzplatz. Hier sollen sich früher die Hexen zu Feierlichkeiten getroffen haben.

Nach einem Tänzchen geht es für uns weiter hinunter zur Straße Am Weingarten – und wir reiben uns kurz die Augen. Denn wir kommen hier tatsächlich an Rebstöcken vorbei. Wirklich und wahrhaftig im hohen Norden des Teutoburger Waldes! Genau 99 Rebstöcke zählen wir und fragen uns, ob daraus wirklich Wein gewonnen wird. Die Antwort lautet: Ja, hier werden tatsächlich Dornfelder und Müller-Thurgau angebaut und auch zu Wein verarbeitet. Der Besitzer der nicht weit vom Markt entfernten italienischen Eisdiele bewirtschaftet diesen Weinberg liebevoll. Angefangen mit dem Weinbau in Tecklenburg haben übrigens schon die Grafen im Mittelalter.

In der Hexenküche

Hexenküche Tecklenburg
Nicht bei Hempels hinterm Sofa, sondern bei Hexens in der Küche…

Ob das Erzeugnis ein echter Trinkgenuss ist oder eher ein Kochwein, muss jeder selbst entscheiden. Gekocht jedenfalls wurde nach alten Legenden an der nun folgenden Station auf dem Tecklenburger Hexenpfad, der Hexenküche. Diese Felsformation hat schon zu allen Zeiten die Fantasie der Tecklenburger beflügelt. Hier sollen die Hexen insbesondere in der Walpurgisnacht ihre Zaubertränke gebraut und wilde Feste gefeiert haben. Glaubt man den Legenden, war der Teufel selbst kein seltener Gast hier am Hang des Teutoburger Waldes!

Wir klettern ein wenig über die Felsen, bestaunen die Hexenküche von allen Seiten und können die Faszination, die davon ausgeht, schnell nachvollziehen. Wir setzen unseren Weg nun in den Teutoburger Wald hinein fort. Das wird auch langsam Zeit, denn wir haben noch immer nicht den ersten Kilometer voll…!

Ein Stück weit geht es nun entlang der Straße Am Weingarten, wir passieren den Aussichtsparkplatz Münsterlandblick und biegen dann nach links ab in die Felsenstiege. Nomen est omen, denken wir uns, als wir recht zügig bergab geführt werden – über schmale Pfade und Treppenstufen.

Rolandsgrab Tecklenburg
Etwas gruselig gähnt uns das Rolandsgrab aus dem Felsen entgegen.

Rolandsgrab und Heidentempel

Der Heidentempel ist unsere nächste Station auf dem Hexenpfad in Tecklenburg.
Der Heidentempel ist unsere nächste Station auf dem Hexenpfad in Tecklenburg.

Über kleine Wege führt uns die Hexe nun bis zu einem schwarzen Loch in einem Felsen. Das starrt uns etwas gruselig an und trägt den Namen Rolandsgrab. Angeblich handelt es sich hierbei um eine Grabkammer, die die Familie Roleant vom Gut Hülshoff zu Tecklenburg in den Sandstein schlagen ließ. Und – der geneigte Wanderer ahnt es bereits – es gibt allerhand schauerliche Geschichten zum Rolands Grab.

Schauerliche Geschichten gibt es auch zur nächsten Station, dem Heidentempel. Dabei handelt es sich um eine weitere Felsformation. Sie soll von unseren heidnischen Vorfahren genutzt worden sein, um Tieropfer zu bringen. Wir schauen genauer hin und entdecken Rillen in den Felsen. Die sollen von Menschen hineingekratzt worden sein, damit das Blut der tierischen Opfer besser abfließen kann. Wir schütteln uns kurz, dann gehen wir weiter.

Hermannsweg bei Tecklenburg
Der Hermannsweg und der Tecklenburger Hexenpfad verlaufen ein Stück weit gemeinsam.

Huhu, Hermann!

Bismarckturm Tecklenburg
Der Bismarckturm nimmt uns in Tecklenburg in Empfang.

Wenig später zeigt uns die kleine Hexe an, dass es nun nach rechts weiter geht und zwar ziemlich steil bergauf. Und nach gut 300 Metern treffen wir auf den Vater aller Teuto-Wanderwege, den Hermannsweg. Er nimmt uns nun für knapp zwei Kilometer an die Hand und führt uns zurück nach Tecklenburg. Es handelt sich hier übrigens um die Hermannsweg Etappe 2.

Dort angekommen, wartet nun noch der Bismarckturm auf uns. Er kann übrigens begangen werden, den Schlüssel können interessierte Wanderer im benachbarten Hotel Bismarckhöhe bekommen. Dass er in seiner Erscheinung ein wenig an eine Windmühle erinnert, ist übrigens kein Zufall. Tatsächlich wurde der Aussichtsturm auf den Ruinen einer abgebrannten Windmühle errichtet, der untere Teil ist noch das ursprüngliche Mauerwerk.

Bild aus dem Geschäft
Der wunderbar nostalgische Laden „Omis Eingemachtes“ in Tecklenburg ist einer der 80 Glücksorte im Münsterland.

Kaffee, Kuchen, Nostalgie

Wir kehren zurück in die historische Altstadt Tecklenburgs. Hier können wir uns nun zum Beispiel beim Kult-Café Rabbel am Marktplatz noch einen Kaffee und ein Stückchen Kuchen gönnen. Oder uns in der hauseigenen Confiserie mit Köstlichkeiten eindecken.

Ein kleiner Abstecher sei noch empfohlen: Ein paar hundert Meter die Straße hinunter wartet der Nostalgie-Laden „Omis Eingemachtes“ auf seine Besucher. Er lädt ein zu einer kleinen Zeitreise und ist absolut einen Besuch wert. Er ist auch einer der 80 Glücksorte im Münsterland in meinem gleichnamigen Buch.

Ohrwurm für diese Wanderung: Witchcraft

Warum will ich das wandern? Weil der Hexenpfad zu fast allen wichtigen Sehenswürdigkeiten Tecklenburg führt und auf gerade mal fünf Kilometern mehr Abwechslung bietet, als manch anderer Weg auf 20 Kilometern!

Bewertung
Natur ★ ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★ ★ ★
Magie-Faktor ★ ★ ★ ★ ★

INFOS
Rundwanderweg, 5,1 km lang
Höhenmeter: 170 m
Gehzeit: 2 Stunden
Schwierigkeit: mittel
Start: Marktplatz Tecklenburg (Parken z.B. am Parkplatz Münsterlandblick)

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Am Liebsten draußen und auf Wanderwegen unterwegs. Von Osnabrück über das Münsterland, von Rhein bis Mosel, vom Teuto bis zu den Alpen - kein Wanderweg ist vor mir sicher!
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6 thoughts on “Der magische Hexenpfad in Tecklenburg

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