Rund 21 Kilometer und etwa 300 Höhenmeter stehen auf dem Programm! Hermannsweg Etappe 3 heißt es heute, wenn wir uns von Tecklenburg auf den Weg nach Bad Iburg machen. Wer nicht fernwandert, sollte hierfür zwei Autos zur Verfügung haben. Die ÖPNV-Verbindung der beiden Orte ist in jeder Hinsicht das Gegenteil unseres heutigen Weges: unterirdisch. Das trübt unser Wandererherz jedoch nicht, denn auf der Hermannsweg Etappe 3 erwarten uns wieder ein paar schöne Leckerbissen. Oh, auch das in jeder Hinsicht übrigens. So viel sei vorweg genommen.
Auch mit der Videokamera sind wir die Hermannsweg Etappe 3 schon einmal gelaufen. Hier ist das Ergebnis zu sehen:
Wir beginnen unseren Weg in der historischen Innenstadt Tecklenburgs, nachdem wir zum Beispiel auf dem Parkplatz „Münsterlandblick“ geparkt haben. Enge Gassen, Fachwerkhäuser und schmucke Gärten in Hanglage sehen wir, wenn wir von dort teils über Treppen nach unten steigen. Tecklenburg liegt auf dem Höhenzug des Teutoburger Waldes und den müssen wir zunächst verlassen.
Nach einem knappen Kilometer erreichen wir den Königsteich. Eigentlich sind es gleich mehrere Teiche, die durch Wege wie Brücken voneinander getrennt sind. Und bevor wir an ihnen vorbei gehen, lohnt sich ein Abstecher nach rechts. Denn dort, nur knapp 200 Meter entfernt, liegt malerisch in den Fuß des Teutos eingebettet das Wasserschloss Haus Marck.
Abstecher zu Haus Marck
Die das Schloss umgebende breite Gräfte, in deren stillem Wasser sich das Schloss spiegelt, die wunderschöne alte Allee und die angrenzenden Ruinen sind ein wahrlich romantisches Ensemble. Und natürlich ein schönes Fotomotiv. Es ist unbegreiflich, warum der Hermannsweg sich diesen Schlenker nicht erlaubt. Wieviele Wanderer sind hier wohl schon in allerkürzester Entfernung vorbei gewandert, ohne von der Existenz des Schlosses zu wissen?
Historische Bedeutung hat es überdies auch noch: 1643 fanden hier die Vorverhandlungen für den Westfälischen Frieden statt, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. Also ehrlich, da will man doch hin?!
Zurück zum Hermannsweg
Wir freuen uns, dass wir diesen Abstecher gemacht haben, schlendern über die Einfahrt und über den Hof des Schlosses und biegen danach nach links ab. An den Eisenbahnschienen angekommen, überqueren wir diese und schon hat uns der Hermannsweg wieder.
Zur Rechten den Teuto zur Linken den Blick auf die Ausläufer Tecklenburgs geht es nun ein Stück weit nur leicht bergauf weiter. Dann folgt ein kurzes, unschönes Stück von rund hundert Metern: Wir müssen entlang einer Landesstraße und unter der Autobahn A1 laufen. Wäre hier nicht so viel Verkehr, würde ich sagen: Augen zu und durch.
Der Lengericher Canyon
Wir queren die Straße und sind sofort wieder mitten in der Natur und nun wird es sogleich viel schöner. Und anstrengender. Denn es hier knackig bergauf. Über Treppenstufen machen wir etwa 50 Höhenmeter. Der Weg führt uns auf dem erreichten Plateau etwas weiter geradeaus und wir erreichen eine Aussichtsplattform und staunen nicht schlecht.
Über uns kreisen die Falken, ihre lauten Rufe sind klar und deutlich zu hören. Und unter sehen wir den Lengericher Canyon, auch Blaue Lagune genannt. Den Grund für diesen Namen erkennen wir an sonnigen Sommertagen sofort: Das Wasser in dem ehemaligen Kalksteinbruch schimmert mal türkisblau, manchmal türkisgrün, aber immer wirkt es wie das perfekte Naturidyll. Ist es auch und daher auch Naturschutzgebiet. Bitte nicht betreten.
Nach wenigen hundert Metern folgt noch eine zweite Aussichtplattform, von der sich uns noch mal ein ganz anderer Blick auf den Canyon erschließt. Der Lengericher Canyon ist übrigens ein ehemaliger Kalksteinbruch, der sich nach seiner Stilllegung mit Wasser gefüllt hat. Heute ist er Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere.
Durch Wiesen und Wälder zum Intruper Berg
Für uns geht es in nun den Wald. Auf schönen Pfaden wandern wir – wie auf fast der gesamten Tour – ziemlich zielstrebig geradeaus und verlassen nach kurzer Zeit den Wald wieder. Zwischen Wiesen gehend erreichen wir eine große Schutzhütte, in der gut und gerne zwei wandernde Großfamilien Platz finden könnten. Idyllisch und abwechslungsreich geht es weiter durch wald- und wiesenreiche Landschaft.
Schließlich erreichen wir das Naturschutzgebiet Intruper Berg. Das ist geprägt von ausgedehnten Kalkbuchenwäldern. Mehr als 500 Pflanzenarten haben Botaniker bisher in den Lengericher Kalksteinbrüchen und den umgebenden Wäldern gefunden. Ein sichtbarer Ausdruck für die Vielfalt der Biotope am Teutoburger Wald. Neben der vielfältigen Flora zählen Nachtigall, Goldammer, Grasmücke, Uhu und Turmfalke zu den Bewohnern des Naturschutzgebietes. Ein kleines Naturparadies fraglos – entstanden durch industrielle Sünden. Denn wir bewegen uns nun auf einem Gelände, das vom Kalksteinabbau geprägt – und leider auch zerfurcht – ist.
Vom Kalksteinabbau geprägt
Den nächsten davon – nach dem Lengericher Canyon – haben wir bald erreicht. Er ist heute stillgelegt und es ist schön zu sehen, wie sich die Natur dieses Gebiet zurück erobert. Wir sehen uns noch ein wenig um, ehe es weiter geht. Es folgt noch einmal ein kurzer aber ordentlicher Anstieg über einen felsigen Weg. Wir laufen nun auch auf dem Dyckerhoff-Rundwanderweg. Der ist benannt nach dem Zementwerk, das hier die großen Löcher in den Teuto fräst.
Schon bald erreichen wir die erste Aussichtsplattform, die uns Weitblicke ins Münsterland ermöglicht. Bei gutem Wetter sind in der Ferne sogar die Bettentürme der Uni-Klinik Münster zu erkennen. Wer mag, geht noch ein bisschen weiter, ehe er pausiert. Denn schon bald nimmt uns die nächste Aussichtsplattform in Empfang und hier sind dann auch Bänke vorhanden. Hier können wir zwar auch in die Ferne blicken, doch unser Blick wird völlig eingenommen von dem gigantischen Steinbruch zu unseren Füßen. Dort bewegen sich wie kleine Spielzeuge die Bagger der Firma Dyckerhoff. Sie bauen hier den Kalkstein ab, den für die Zementherstellung so wichtigen Rohstoff.
Es liegt was in der Luft…!
Wir gehen weiter und bemühen uns, den Zaun zu unserer Rechten auszublenden. Das funktioniert auch ganz gut. Denn zum Einen ist der schmale, links und rechts begrünte Weg wirklich schön und zum Anderen steigt uns – im April und Mai – schon seit einiger Zeit etwas in die Nase…
Es ist ein bisschen, als würden wir auf eine Großküche zu laufen. Und dort werden gerade heftig die Kochlöffel geschwungen. Es riecht köstlich, uns läuft das Wasser im Munde zusammen und wir malen uns die leckersten Gerichte aus. Zur Linken sehen wir auch immer wieder in kleinen Ansammlungen den Urheber dieses Geruchs: weiß blühenden Bärlauch.
Dann macht der Weg einen Knick nach links und uns stockt der Atem und die Nase hyperventiliert. Denn nun schauen wir zur Rechten auf ein Bärlauchfeld unter den Bäumen am Berghang, das seinesgleichen sucht. Ein Ende nicht absehbar. Wie ein weißer Teppich ziehen sich der „wilde Knoblauch“ hier über den Hang und gibt dufttechnisch mal wirklich alles. Kleine Fußnote: Für den Eigengebrauch ist es erlaubt, die aromatischen Pflanzen zu pflücken. Und sie schmecken mit Quark als Brotaufstrich oder als Pesto für Pasta wahnsinnig gut. Doch obacht: Bitte nicht mit Maiglöckchen oder Herbstzeitlosen verwechseln. Vorher noch mal den Unterschied nachlesen.
Versteinerter Meeresgrund
Wir setzen unseren Weg fort, sobald wir wieder zu Atem gekommen sind. Der Weg bleibt schmal und schön schnörkelig. So wie der verwöhnte Wanderer es liebt. Der Bärlauchteppich begleitet uns noch eine ganze Weile, fast 500 Meter, ehe es wieder bergauf geht. In engen Serpentinen dieses Mal. Und dann gleich noch einmal stetig steigend und ein letztes Mal vorbei an den Ausläufern des Steinbruchs.
Wir queren die Sudenfelder Straße und bewegen uns nun gut vier Kilometer durch den Wald. Dabei klettern wir fast unbemerkt auf den Aldruper Berg und erreichen die nächste Aussichtsplattform. Von dieser schauen wir in ein tiefes Loch zu unseren Füßen. Genauer gesagt, in einen beeindruckenden Kalksteinbruch der Firma Calcis. Hier haben wir einen Live-Blick auf einen versteinerten Meeresboden. Jenseits des Steinbruchs ergibt sich ein freier Blick weit in das Münsterland hinein. Bei klarer Sicht lässt sich sogar die „Skyline“ von Münster am Horizont erspähen.
Pause an einer echten Almhütte
Einen knappen Kilometern weiter, den wir nun über etwas breitere Wege zurück legen, erreichen wir die Waldwirtschaft Malepartus. Wer hier keine Pause macht, ist selber schuld. Das Malepartus gibt sich nicht nur einen bayrischen Anstrich, sondern ist es auch mit jeder Faser. Zillertaler Handwerker gestalteten das Innere und betrieben wird die Wirtschaft wirklich und wahrhaftig von einer bayrischen Familie. Eine echte Almhütte! Logisch, es gibt also König Ludwig Biere. Und natürlich deftige bayrische Spezialitäten. Wer es lieber süß mag und wirklich sehr, sehr großen Hunger hat, dem seien die legendären Malepartus-Windbeutel empfohlen.
Wenn wir uns von der Schweinshaxe oder dem gigantischen Windbeutel (möglicherweise unter Zuhilfenahme eines Obstlers) erholt haben, machen wir uns auf, die letzten Kilometer bis Bad Iburg zurück zu legen. Die wiederum sind schnell erzählt. Denn nun wird es ein wenig langweiliger und die Hermannsweg Etappe 3 leistet sich ein etwas schnarchiges Ende. Fast fünf Kilometer geht es auf breiten Wanderautobahnen nun Richtung Bad Iburg. Auch das Überqueren der Landesgrenze nach Niedersachsen sorgt nicht für den allergrößten Thrill.
Schloss und See und Baumwipfelpfad
In Bad Iburg angekommen, steigen wir vom Rücken des Teutoburger Waldes wieder hinunter. Hier wird es noch einmal schön. Denn das imposante Schloss Bad Iburg mit dem Charlottensee nimmt uns in Empfang und bietet eine würdige Kulisse für den Abschluss der Etappe 3 auf dem Hermannsweg. Jetzt haben wir noch Gelegenheit, den brandneuen Baumwipfelpfad in Augenschein zu nehmen, der eigens für die Landesgartenschau 2018 angelegt wurde. Die 158 Treppenstufen können uns nach dieser Wanderung auch nichts mehr anhaben. Und die Ausblicke und das Gefühl, zwischen den Baumkronen zu wandern, lohnt diese Mühe allemal!
Ohrwurm für diese Wanderung: Across the border
Warum will ich das wandern? Weil uns der Lengericher Canyon flasht, der Bärlauchduft richtig Appetit macht, das Malepartus diesen wider stillt und Bad Iburg nicht nur zur LaGa ein tolles Ziel ist!
Bewertung
Natur ★ ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★
Kalk-Faktor ★ ★ ★ ★ ★
INFOS
Fernwanderweg, 21 km lang
Höhenmeter: 300 m
Gehzeit: 6 Stunden
Schwierigkeit: mittel
Start: Marktplatz Tecklenburg
Von Tecklenburg Haus Marck aus bin ich am Karfreitag mit meinem Hund gewandert bis zu der großen Schutzhütte am Lengericher Berg und wieder zurück. Wollte heute vom Lengericher Berg weiter bis Bad Iburg wandern, aber das nasse Wetter möchte ich meinem Hund nicht antun. Diese Jahreszeit ist für mich die schönste Zeit unterwegs zu sein, weil die Hecken ohne Laub links und rechts vom Weg den Blick schweifen lassen in die Landschaft.
Schön, dass Du dieses Wanderlogbuch schreibst.
Hallo Hans-Dieter! Vielen Dank für deinen Besuch hier und deinen Kommentar. Hoffen wir auf einen baldigen und trockenen Frühling mit schönen Weitblicken 🙂
Herzliche Grüße
Ingmar