Wer in Tecklenburg wandert, der begegnet zwangsläufig auch der Markierung des Gießkannenweges. Die grüne Gießkanne auf weißem Grund scheint fast allgegenwärtig. Das liegt daran, dass dieser Weg insgesamt aus drei Strecken besteht. Alle drei Rundkurse bilden zusammen den Gießkannenweg. Auf drei Rundwanderungen verbindet er Tecklenburgs Ortskern mit den drei Ortsteilen Brochterbeck, Ledde und Leeden. Die Touren sind zwischen 12 und 14 Kilometer lang. Heute wollen wir die Tour nach Ledde erkunden.
Kirche mit Fauna-Habitat
Die Rundwanderung können wir natürlich in Tecklenburg starten, aber ebenso gut auch in Ledde. Und da dort die Parkplatzsituation in aller Regel entspannter ist als im beliebten Bergstädtchen machen wir das auch. Außerhalb der Geschäftszeiten können wir unser Wandermobil zum Beispiel auf dem Parkplatz der Sparkasse positionieren. Von dort sind es nur wenige Schritte bis zur ersten Gießkanne.
Wir folgen dem kleinen Pättken parallel zur Straße Kirchplatz und erreichen schnell die hübsche Evangelische Kirche Leddes. Der massive Turm der Ledder Kirche, die aus Sandsteinquadern erbaut wurde, prägt das Bild des Dorfes. Sein Untergeschoss wurde bereits in der Zeit kurz vor 1200 errichtet. Eine Besonderheit sieht man der Kirche nicht auf Anhieb an: Ihr Dachboden ist seit 2004 offiziell ein sog. Flora-Fauna-Habitat – mit 0,03 Hektar wohl eines der kleinsten. Der Grund: Auf dem Dachboden der Kirche befindet sich eine Wochenstube der Fledermausart Großes Mausohr.
Landidyll und prächtige Panoramen
Wir überqueren die Ledder Dorfstraße bei der Gaststätte Zum Deutschen Haus und passieren den Ledder Friedhof und die Hemmer Mühle. An der Straßengabelung halten wir uns rechts und folgen dem Gießkannenweg auf der Windmühlenstraße wandernd. Vorbei an Feldern, Wiesen und einigen hübschen Fachwerkhäusern und Gehöften geht es über einen Kilometer langsam, aber stetig bergauf auf der Windmühlenstraße.
Dann endet die Straße in einem Feldweg, dem wir folgen und kurze Zeit später abermals die verzweigte Windmühlenstraße überqueren. Dann wandern auf dem Hang und am Waldrand mit einem prächtigen Panoramablick zu unserer Rechten entlang von Feldern weiter. Dann führt uns der Gießkannenweg ein Stück durch lichtere Wälder und wir passieren schließlich das ehemalige Volksschulgebäude mit der eigentümlichen Inschrift: „Mit Gottes Huelfe | Zum Heil der Jugend | Zur Wohlfahrt des Lehrers 1860“. Im Sommer 2021 fielen leider Teile des Gebäudes einem Brand zum Opfer.
In den Habichtswald
Dann überquert der Gießenkannenweg die Osnabrücker Straße. Das ist etwas heikel, weil wir hier zwischen zwei nicht einsehbaren Kurven über die Straße sprinten müssen. Danach führt der Weg uns weiter gut einen Kilometer entlang von Feld und Wald. Von den schönen Ausblicken sollten wir uns nicht vollständig ablenken lassen, denn dann übersehen wir die Wegmarkierung, die nach uns nach links in den Habichtswald schicken will, nur allzu leicht.
Der Habichtswald gehört als ehemaliger Bannwald der Grafen von Tecklenburg und heutiger Staatswald zu den wenigen historisch alten Wäldern im Tecklenburger Land. Auch er ist wegen seiner großen Waldmeisterbestände ein Flora-Fauna-Habitat. Der Habichtswald ist fast komplett von einem Wall umgeben. Dieser schützte den Wald im Mittelalter vor Weidevieh, um den Grafen von Tecklenburg ihren Jagdspaß nicht zu verderben. Im 18. Jahrhundert kam der Habichtswald unter preußische Verwaltung. Die nachhaltige Forstwirtschaft hielt Einzug. Ein planmäßig angelegtes Wegenetz erschließt seit dieser Zeit den Wald, der in einzelne Abteilungen unterteilt wurde.
Frecklingshof und Eselspatt
So prägen denn auch sehr praktische, breite Forstwege das Bild des Gießkannenweges auf diesem Abschnitt. Auf gut zwei Kilometern biegen wir nur zweimal ab. Am Ende des Habichtswaldes treffen wir auf den Ledder Mühlenbach und folgen ihm – teils über sehr schmale Wiesenpfade – bis zum Frecklingshof, der sich einer nachhaltigen Landwirtschaftsform verschrieben hat. Rund um die Uhr geöffnet hat der Selbstbedienungs-Hofladen.
Am Frecklingshof überqueren wir die Leedener Straße und halten uns wenig später am Wetterpilz links. Durch einen schmaleren Ewaldstreifen und einen hübschen Hohlweg erreichen wir schließlich die Grafenstraße und befinden uns inzwischen auch auf dem Eselspatt, dem historischen Wanderweg, der Osnabrück mit Tecklenburg verbindet. Und es geht auch schon ganz gut bergauf.
In die Tecklenburger Altstadt
Wir erreichen die Grafenstraße, gehen nach rechts und biegen sogleich wieder nach links ab. Hier wird es nun noch anstrengender. Aber der hübsche, schmale Pfad zwischen Waldrand und Weide macht Spaß und ist auch nicht allzu lang.
Oben angekommen erreichen wir die Straße Hermannsweg, der wir nach rechts folgen. Obwohl asphaltiert ist sie doch kaum befahren und schön zu gehen. Gleiches gilt für den Fußweg parallel zur Grafenstraßen, der die Fortsetzung des Eselspatts im Anschluss bildet. Über die Pagenstraße und das Howesträßchen erreichen wir dann schließlich die Tecklenburger Altstadt.
Hier können wir uns nun ein Eis genehmigen, den weithin berühmten Kuchen vom Café Rabbel genießen oder noch einen kleinen Abstecher zur ehemaligen Tecklenburg machen – es gäbe so viel zu entdecken! Doch unser Gießkannenweg wartet schließlich auf uns und so kehren wir zu ihm zurück und folgen den Stufen hinauf zur Evangelischen Stadtkirche Tecklenburgs. Sie geht vermutlich auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zurück.
Auf Modersohns Spuren
Wir befinden uns inzwischen auch auf dem Teutoschleifchen Modersohns Spuren, dem wir nun ebenfalls ein Stück folgen. Zusammen mit unserem Gießkannenweg führt es uns an den Rand des Kurparks. Wir wandern unter anderem vorbei an einer Wassertretstelle, zu der auch ein kleiner Barfußgang gehört.
Unser Gießkannenweg setzt sich nun im Wald fort und wir folgen dem schönen, idyllischen Pfad durch Buchen, Birken, Fichten und Tannen. Wir passieren einen etwas eigentümlich wirkenden Rastplatz aus bunt zusammen gewürfelten Elementen, der fast ein wenig an einen heidnischen Opferplatz erinnert. Wir wandern besonders beschwingt, denn bis zurück nach Ledde geht es für uns nun nur noch bergab.
Durch den Sundern zurück
Über breitere, lichte Waldwege erreichen wir die Sundernstraße. Ein Name, der uns hier auch als Grafensundern begegnet. Das geht vermutlich darauf zurück, dass diese Gebiete „abgesundert“ vom Rest der Landschaft waren und wie der Habichtswald von ihnen durch Wälle und Gräben getrennt waren. Denn auch hier wollten die hohen Herren ungestört jagen.
Der Gießkannenweg führt uns über die Straße und auf schmaleren Pfaden durch das hübsche Waldstück und entlang des kleinen Baches, der nahe dem Waldfreibad Tecklenburgs entspringt. Schließlich erreichen wir wieder Siedlungsgebiet und der Gießkannenweg führt uns nun über hübsche kleine Heckenpättken zurück zum Ausgangspunkt unserer Wanderung.
Warum will ich das wandern? Weil uns der Gießkannenweg mit dieser Rundwanderung den weniger wandertouristisch erschlossenen, aber nicht weniger hübschen Nordosten der Gemeinde zeigt. Insgesamt müssen wir hier auch nicht mit großen Wanderpolonaisen rechnen. Abwechslungsreich ist die Streckenführung obendrein – zu Unrecht etwas unbekannter!
Bewertung
Natur ★ ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★ ★
Pättken-Faktor ★ ★ ★ ★
INFOS
Rundwanderweg, 14 km lang
Höhenmeter: 197 m
Gehzeit: 4 Stunden
Schwierigkeit: mittel
Start: Ortskern Ledde (Fürs Navi: Sundernstraße 2, 49545 Tecklenburg)
Danke für den Tipp! Wir sind heute bei wechselhaftem Wetter die Runde genauso gelaufen. Fast perfekt: Als die Füße müde wurden, standen wir in Tecklenburg bei Café Rabbel und haben die Pause genossen. Dann waren es noch ein paar Kilometer durch den Wald und wir standen wieder beim Auto.
Die Tour habe ich bei Komoot abgespeichert, für weitere „Nachahmer“ 🙂