Rheinburgenweg: Von Bingen nach Trechtingshausen

Als wir uns im Jahr 2016 anschicken, den Rheinburgenweg zu erkunden, stehen wieder fünf Wandertage auf dem Programm. Fünf Etappen, die uns vier Männer und Schäferhündin Bora von Bingen durch das Obere Mittelrheintal bis nach Rhens führen sollen. Die erste Etappe soll uns bis nach Trechtingshausen bringen und ist mit rund 16 Kilometern und etwa 420 Höhenmetern ein ganz passendes Warm-Up. So weit die Theorie.

Das Bild zeigt den Blick von einer Moselbrücke auf Bingen.
Im hübschen Bingen starten wir unsere Tour. Am Abend kehren wir auch nochmal zurück, denn hier findet passenderweise gerade das Weinfest statt. So ein Zufall!

Außerplanmäßiges

In der Praxis ist der Rheinburgenweg auf diesem Abschnitt nach einem Sturm und starken Regenfällen zu Teilen gesperrt, so dass wir auf der zweiten Hälfte eine ausgeschilderte Umleitung gehen müssen. Das wird uns um einige schöne Wandererlebnisse bringen, auf die sich andere Wanderer auf dem Rheinburgenweg aber freuen können. Dazu später etwas mehr.

Wir starten unsere Tour am Bahnhof Bingens, von wo aus wir rund zwei Kilometer bis zum Einstieg in den Rheinburgenweg am Mäuseturm zurücklegen müssen. Ausnahmsweise regnet es leicht. Ausnahmsweise, weil wir auf allen unseren Fernwanderungen noch nie Regen erlebt haben. Daher nehmen wir es mit Humor und Poncho.

Das Bild zeigt drei Wanderer im diesigen Bingener Wald.
Warm aber regnerisch – wir entscheiden uns schon ziemlich bald wieder gegen die Ponchos.

Zur Hängebrücke im Kreuzbachtal

Unter dem Poncho allerdings wird es einigermaßen warm, als wir den Rheinburgenweg erreicht haben und er uns in die Höhe schickt. Zwar geht es nur mäßig aber dafür auch sehr stetig bergauf über serpentinenförmige Wege durch den Bingener Wald. Naturnahe, idyllische Wege gehen wir hier und haben hin und wieder einen schönen Blick auf Assmannshausen am anderen Rheinufer und natürlich auch auf den Fluss selbst. Das Örtchen kennen wir noch von unserer Wanderung auf dem Rheinsteig.

Blick durch den Bingener Wald auf Assmannshausen vom Rheinburgenweg aus.
Blick durch den Bingener Wald auf Assmannshausen vom Rheinburgenweg aus.

Wir erreichen schließlich die Hängebrücke im Kreuzbachtal. Sie gehört zwar nicht direkt zum Rheinburgenweg, aber wenn so eine Hängebrücke schon mal da ist, dann läuft man auch einmal drüber. Und wieder zurück. Denn schließlich wollen wir ja dem Rheinburgenweg so lange es geht die Treue halten.

Das Bild zeigt zwei Wanderer auf der Hängebrücke im Kreuzbachtal.
So eine Hängebrücke lassen wir uns freilich nicht entgehen!

Vorbei an der Villa Rustica

Der Regen hat ein Einsehen und verzieht sich und wir erreichen als Nächstes die Villa Rustica, einen frühen römischen Bauernhof, der hier zu Teilen ausgegraben wurde. Die Villa Rustica Binger Wald wurde circa 150 n. Chr. erbaut und bis etwa 420 n. Chr. bewohnt. Das ummauerte Gehöft von 3,5 Hektar lag inmitten seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen. Innerhalb der Hofmauer befand sich das Hauptgebäude der Besitzerfamilie und mehr als zehn Nebengebäuden wie Ställe, Werkstätten und Unterkünfte für die Arbeiterfamilien und Tagelöhner. Das schauen wir uns natürlich an und sind beeindruckt.

Das Bild zeigt eine sehr große Wandergruppe, die uns auf dem Rheinburgenweg entgegen kam.
Ganz allein sind wir an diesem Tag übrigens nicht auf dem Rheinburgenweg unterwegs.

Derart beeindruckt ziehen wir weiter auf dem Rheinburgenweg und immer noch weiter durch den Bingener Wald. Der Weg führt uns mittlerweile auch wieder leicht bergab, das Gros der Höhenmeter für heute haben wir bereits hinter uns. Was folgt ist einer der beeindruckendsten Wegabschnitte. Der Gang durch die Steckeschlääferklamm ist mir bis heute in sehr guter Erinnerung.

Das Bild zeigt einen Wanderer an der Ausgrabungsstätte Villa Rustica im Bingener Wald.
An der Ausgrabungsstätte Villa Rustica im Bingener Wald

Durch die Steckeschlääferklamm

Nur etwa einen Kilometer lang ist dieser Abschnitt des Rheinburgenweges, aber er ist voller lustiger, makaberer und mitunter gruseliger Eindrücke. Das liegt vor allem daran, dass wir bei unserem Gang entlang des Haselbachs von zahllosen Baumgeistern begleitet werden.

Das Bild zeigt mehrere hölzerne Brücken in der Steckeschlääferklamm.
Eine Vielzahl von hölzernen Brücke geleitet uns trockenen Fußes über den Haselbach. Immer und immer wieder!

Doch der Reihe nach: Bereits am Eingang zur Steckeschlääferklamm klärt uns ein Schild über deren Geschichte und Wesen auf: „Auf Betreiben von Verbandsbürgermeister a. D. Josef Kollay wurde ab 1971 die Klamm von den Weilerer Wanderfreunden „Die Steckeschläfer“ ausgebaut und mit 15 Holzstegen über den Haselbach gangbar gemacht. Der Name „Steckeschlääfer“ stammt von den Wanderern, die ihre „Stecke“ (Stöcke) über den Boden „schlääfe“ (schleifen).“

Ein besonders fröhlicher Baumgeist lugt uns hier entgegen.
Ein besonders fröhlicher Baumgeist lugt uns hier entgegen.

Baumgeister in allen Ecken

So weit, so gut. Der spannendste Teil fehlt aber noch: „Im Einverständnis mit dem Forstamt schmückte damals Franz Kellermeier aus Weiler die Klamm mit 46 Schnitzereien aus.“ Und das sind eben jene Baumgeister, die uns begleiten werden. Sie sind nicht mehr durchgehend die Kellermeier-Originale, die inzwischen zu Teilen zugewachsen oder anderweitig verloren sind. Doch haben andere Künstler inzwischen weitere Baumgestalten hinzugefügt und uns steht ein bunter Reigen der verschiedensten Figuren bei unserem Gang durch die Steckeschlääferklamm ins Haus.

Das Bild zeigt einen finster drein blickenden, in den Baum geschnitzten Baumgeist.
Andere sehen weniger freundlich aus. Schnell weiter.

Die Masken und Karikaturen, weitgehend ausgearbeitet oder dem natürlichen Wuchs folgend, wurden übrigens nur dort angebracht, wo an den Bäumen keine oder möglichst wenige Verletzungen entstanden. Für uns bedeutet die Suche nach den Figuren und die Vielzahl und das Facettenreichtum nun aber jede Menge Wanderspaß vom Feinsten. Für diesen Abschnitt sollte man daher auch reichlich Zeit einplanen, denn es gibt hier so viel zu entdecken – und natürlich auch eine Menge Fotos zu schießen!

Das Bild zeigt eine Collage von fünf Schnitzereien aus der Steckeschlääferklamm.
In der Steckeschlääferklamm erwarten uns manche finstere und manche lustige Gesellen.

Forsthaus und Umleitung

Am Ende der Klamm möchten wir am liebsten zurück gehen und das Gleiche noch einmal erleben. Doch ebenfalls nicht ganz unattraktiv erscheint das Forsthaus Jägerhaus, das mit seinem Biergarten nun praktisch direkt vor uns liegt. Also gehen wir weiter auf dem Rheinburgenweg und gönnen uns eine Pause, um das Erlebte zu besprechen und zu verdauen.

Das Bild zeigt ein Schild mit der Aufschrift "Schlechte Wegstrecke".
Stimmt auffallend.

Hinter dem Forsthaus beginnt dann leider auch schon unsere Umleitung, die landschaftlich und auch was die Wegbeschaffenheit angeht, ausgesprochen unattraktiv ist. Wir verpassen das offenbar sehr idyllische, wildromantische Morgenbachtal, lassen die Burg Rheinstein ungeachtet und ungesehen am Rhein zurück und erreichen schließlich über asphaltierte Straßen unser Ziel Trechtingshausen. Doch all das kompensiert alleine schon der einen Kilometer lange Weg durch die Steckeschlääferklamm…

Das Bild zeigt drei gut gelaunte Wanderer auf einer Bank.
Doch wir lassen uns auch von asphaltierten Umleitungen die Laune nicht verderben!

Erklärung zur Karte unten: Die Umleitung war nicht mehr rekonstruierbar, daher hier der eigentliche Wegverlauf des Rheinburgenwegs. Der Zuweg von Bingen und der Abweg in Trechtingshausen ist noch dazu zu rechnen…

Warum will ich das wandern? Alleine für die Steckeschlääferklamm lohnt sich diese Rheinburgenweg Etappe. Mit der Burg Rheinstein und dem romantischen Morgenbachtal obendrauf zweifellos ein einprägsames Wandererlebnis!

Bewertung (ohne Umleitung)
Natur ★ ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ 
Abwechslung ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★ ★
Baumgeist-Faktor ★ ★ ★ ★ ★

INFOS
Fernwanderweg, ca. 16 km lang
Höhenmeter: 420 m
Gehzeit: 4,5 Stunden
Schwierigkeit: mittel
Start: Bahnhof Bingen

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Am Liebsten draußen und auf Wanderwegen unterwegs. Von Osnabrück über das Münsterland, von Rhein bis Mosel, vom Teuto bis zu den Alpen - kein Wanderweg ist vor mir sicher!
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