Es ist Hochsommer 2017 und der erste Tag unseres zweiwöchigen Wanderurlaubs im Meraner Land. Unser Lager haben wir in einer der Thalguter-Ferienwohnungen aufgeschlagen, die in jeder Hinsicht uneingeschränkt zu empfehlen sind. Mit der ersten Tour u.a. auf dem Algunder Waalweg wollen wir etwas unsere Kondition testen und diese zugleich behutsam aufbauen. Dass die rund acht Kilometer lange Rundwanderung mit ihren knapp 300 Höhenmetern praktisch direkt vor unserer Haustür im Alten Dorf Algunds startet, ist uns nach rund 1000 Kilometern Anfahrt am Vortag nur recht.
Wir kombinieren für diese Tour den Meraner Waalrundweg und den Algunder Waalweg und starten im Herzen des Alten Dorfes. Von hier geleitet uns der St.-Kassian-Weg bis zum Einstieg in die Meraner Waalrunde, die wir schnell entdecken. Ein paar zusätzliche Höhenmeter haben wir somit bereits gemacht und sind ganz froh, dass die Temperaturen heute eher moderat ausfallen.
Auf dem Ochsentodweg
Von nun an geht es stetig bergauf – unter anderem über den Ochsentodweg. Eine Steintafel informiert uns, dass der seinen Namen tatsächlich von ablebendem Nutzvieh hat, das auf dieser früher noch sehr viel beschwerlicheren Strecke die Strapazen mitunter nicht überlebt hat. Wandern ist eben doch nicht jedermanns Sache und wir ahnen, weshalb so mancher Ochs lieber vorm Berg steht, als darüber wandert.
Heute ist der Weg weit weniger tödlich, sondern über weite Strecken gepflastert und führt durch pittoreske Weinreben, vorbei an Apfelbäumen und bietet immer wieder wunderbare Panoramablicke in den Meraner Talkessel.
Nach gut einem Kilometer haben wir das erste Mal auch die Gelegenheit, vor Ort gekelterten Wein zu probieren – Winzers und Gäste stehen bereits mit einem Gläschen parat. Doch in Anbetracht unserer noch ungefähren Kondition und der vor uns liegenden Tour lassen wir diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen. Die erste echte Prüfung dieser Wanderung.
Schloss Thurnstein und St. Peter
Wenig später nähern wir uns Schloss Thurnstein und gönnen uns den kleinen Abstecher nach rechts, um das Schloss näher in Augenschein zu nehmen. Gelegen an den Hängen der Mutspitze, westlich von Schloss Tirol, befindet es sich an der Kreuzung der Straße nach Algund und Gratsch. Umrahmt von Palmen mit Weitsicht in das Etschtal ist das Schloss aus dem 13. Jahrhundert allemal den kurzen Extra-Gang von knapp 100 Metern wert. Wer Hunger hat und zu den Öffnungszeiten eintrifft, kann sich hier im Restaurant natürlich auch den Bauch vollschlagen. Wir verzichten einmal mehr. Die reinste Fastenwanderung.
Wir ziehen weiter und durchqueren St. Peter, einen kleinen Ortsteil der Gemeinde Dorf Tirol auf knapp 600 m ü.d.M., eingebettet zwischen Apfelbäumen, Weinreben und Wäldern. Perfekte Bergidylle. Nur wenig später gerät dann auch Schloss Tirol in unser Blickfeld. Ebenso wie die Wegweiser zum Schneeweißhof, die uns in Erinnerung rufen, dass wir nun schon oft genug verzichtet haben.
Marillenknödel und Hollerschorle
Wir biegen also nach links ab und zeigen Schloss Tirol vorerst die kalte Schulter. Ein kleines Stück geht es den Hang hoch und dann liegt die aussichtsreiche Terrasse des Schneeweißhofs vor uns und wenig später „besitzen“ wir sie auch schon. Die besten Marillenknödel der Welt und eine eiskalte Hollerschorle sorgen für Hochstimmung, anhaltende Urlaubsfreude und geben etwas verbrauchte Wanderkraft zurück.
Schloss Tirol erkunden
Wir können also durchstarten zum Schloss Tirol. Das ist fix erreicht und da wir mit der Algund Card ohnehin freien Eintritt haben, schauen wir uns natürlich auch das Innere des Schlosses und das Museum an. Vor allem die Ausstellung zur Geschichte Südtirols, die im größten der Türme erzählt wird – häppchenweise mit jedem erreichten Stockwerk – ist sehr empfehlenswert. Insbesondere, wer sich vor seinem Urlaub nicht ausgiebig mit der Historie der Region auseinandergesetzt hat, wird hier schnell und anschaulich ins Bild gesetzt.
Aber auch der Rest der Anlage ist sehens- und erkundenswert. Wir stromern durch die Gänge der Burg, über alte Wehranlagen und durch den prunkvollen Rittersaal. Wir stellen fest, dass mit einem Highlight wie Schloss Tirol an der Strecke, eine eher kurze Tour durchaus angezeigt war und freuen uns über die eher zufällig so gut gelungene Planung.
Aus dem Fenster heraus sehen wir bereits, wohin uns der Weg als nächstes führt: Durch von Weinanbau geprägtes Gebiet, über den Gratschenbach und vorbei an der etwas weiter Richtung Tal gelegenen Brunnenburg. Na dann mal los!
Durchs Knappenloch zum Sandgruberhof
Der Weg fällt nun besonders leicht, denn er ist einerseits befestigt und andererseits abschüssig. Es geht unter anderem durch das sog. Knappenloch, einen rund 80 Meter langen Tunnel, der schon im 17. Jahrhundert angelegt wurde. Der umständliche Weg durch den unwegsamen Moränenhang vom Dorf Tirol zum Schloss war den hohen Herren schlicht zu beschwerlich geworden. Soll uns nur recht sein.
Wir passieren den Sandgruberhof und weil der dortige Biergarten einfach zu einladend aussieht, ist es nun endgültig vorbei mit unserer vornehmen Zurückhaltung und wir nehmen auch hier noch eine kleine Stärkung zu uns, beschränken uns hier aber auf ein kaltes Getränk. Was in Anbetracht der um uns herum servierten Köstlichkeiten übrigens gar nicht so leicht fällt, wie es sich liest.
Dorf Tirol und Regengalopp
Derart erfrischt setzen wir unseren Weg fort, der uns ins Dorf Tirol führt. Wir folgen dabei dem Apfelweg – der aufmerksame Leser ahnt, weshalb der diesen Namen trägt… Er führt uns an einen schönen Aussichtspunkt im Herzen der kleinen Berggemeinde, von wo aus sich einer herrlicher Blick ins Etschtal und ins Vinschgau bietet. Wir ziehen weiter durch den Ort und ignorieren nun aber wirklich die zahlreichen Einkehrmöglichkeiten. Bis, ja bis wir das Dorf schon durchquert haben und dann aus dem Vinschgau eine undurchdringliche Regenfront auf uns zu galoppieren sehen.
Wir überlegen eine Sekunde und gestehen uns dann ein, doch nicht alle Einkehrmöglichkeiten völlig ignoriert zu haben. Da gab es doch eine im Stil einer Strandbar eingerichtete, halboffene Weingaststätte, die sehr einladend aussah. Vielleicht sollte man dort das Schauer abwarten? Sollte man. Wir nehmen die Beine in die Hand und gehen flugs zurück. Noch vor dem Gläschen Weißwein trifft der Regen ein. Gerade noch rechtzeitig haben wir es in unseren lauschigen Unterschlupf geschafft und genießen nun den erfrischenden Wolkenbruch unter dem Vordach. Wein und Regen finden etwa zeitgleich ihr Ende und wir können weiter wandern.
Stelldichein mit dem Algunder Waalweg
Wir biegen am Ende des Ortes an der Minigolfanlage nach rechts ab und nehmen danach die nach rechts abknickende Via Gnaid, die hier etwas oberhalb des Tappeinweges verläuft. Ihr folgen wir ein ganzes Stück immer weiter bergab. Wir staunen über die vielen Palmen, die sich am Wegesrand zeigen, die exotisch und wunderschön angelegten Gärten, die wir passieren und gelangen schließlich an eine „Hängebrücke“, an der uns nun endlich der Algunder Waalweg in Empfang nimmt. Ein ganzes Stück geht es nun weitgehend im Schatten der Bäume und mit dem plätschernden Waal zu unserer Rechten bergauf.
Waalwissen
Nun endlich auch ein kurzes Wort zum Waal und dem dazugehörigen Weg. Er verläuft auf einer Länge von sechs Kilometern von Ober- und Mitterplars über Algund bis nach Gratsch. Größtenteils ist der Weg in seinem ursprünglichen Zustand erhalten.
Der Waalweg selbst wurde nicht als Wanderweg, sondern als Zugang für die Instandhaltung des Waals geplant und ist daher meistens recht schmal. Der Algunder Waal unterdessen ist nicht der Schönsten einer. Er ist fast komplett durch Beton oder Steine eingefasst und daher alles andere als wildromantisch, wie beispielsweise der Marlinger Waal oder sein Pendant in Partschins. Das wissen wir zum Glück zu diesem Zeitpunkt noch nicht und freuen uns einfach an dem murmelnden Gewässer.
Schluss-Spurt mit Panorama
Es geleitet uns durch weitere Obstplantagen und Weinreben zu einem schmalen Panoramaweg, der abermals Weitblick ins Etschtal und tolle Aussichten auf Meran bietet. Von hier ist es nun nicht mehr weit bis nach Algund, das alsbald vor uns liegt. Ein Abstieg entlang einer Kiwi-Plantage führt uns zurück zu unserem Feriendomizil.
Ohrwurm für diese Wanderung: Start me up
Warum will ich das wandern? Weil auf diesem Rundwanderweg die Kondition fast spielend zurück kommt, wir uns schon mal einen Einblick in die Historie der Region verschaffen und tolle Ausblicke in unsere Ferienregion genießen können. Außerdem gibt’s reichlich kulinarische Highlights am Wegesrand.
Bewertung
Natur ★ ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★
Kulinarik-Faktor ★ ★ ★ ★ ★
INFOS
Rundwanderweg, 7,9 km lang
Höhenmeter: 267 m
Gehzeit: 2,5 Stunden
Schwierigkeit: mittel
Start: Algund, Altes Dorf