Nach einer deutlich zu kurzen Nacht stehen wir an diesem Tag vor unserer letzten Etappe auf dem Malerweg, die uns von Gohrisch nach Stadt Wehlen führen soll. Knapp 19 Kilometer und 650 Höhenmeter sind unser Endspurt. Genau genommen werden nur bis Pötzschau laufen, das auf der linken Seite der Elbe liegt. Von dort bringt uns dann eine Fähre auf die andere Seite nach Stadt Wehlen. Wir sind gespannt, ob der Malerweg die hohe Schlagzahl an Highlights und Abwechslung auch auf dieser letzten Etappe wird halten können.
Nach einem kurzen Marsch durch den Ort haben wir unser erstes Etappenziel bereits fest im Blick: Vor uns liegt der Tafelberg Pfaffenstein. Er wird aufgrund seiner vielgestaltigen Struktur auch als „Sächsische Schweiz im Kleinen“ bezeichnet. 436 Meter ist er hoch und so nehmen uns schon am Fuße des Pfaffensteins Stufen in Empfang. Wir beginnen umgehend, Riesling und Obstler auszuschwitzen.
Auf dem Pfaffenstein
Der ungewöhnliche Name des Tafelbergs hat übrigens nichts damit zu tun, dass er sich bei Geistlichen besonderer Beliebtheit erfreut hätte. Vielmehr geht der Name wohl auf einen alten Ortsnamen, nämlich Pfaffendorf, zurück, zu dem der Berg gehörte. Dieser heutige Ortsteil von Königstein bekam seinen Namen davon, dass die Einwohner dem Königsteiner Geistlichen im Mittelalter zinspflichtig waren.
Immer wieder öffnen sich schon während des Aufstiegs Felsspalten und geben einen Blick auf das flache Umland frei. Hin und wieder lassen sich auch die anderen Tafelberge blicken. Schließlich erreichen wir das Gasthaus, das auf dem Pfaffenstein gelegen ist und gönnen uns hier zunächst ein kaltes Getränk, erklimmen dann den Aussichtsturm, der direkt neben dem Biergarten steht und genießen das großartige 360-Grad-Panorama, das sich von hier oben bietet.
Die sagenhafte Barbarine
Anschließend setzen wir unseren Weg, nicht aber, ohne noch einen Abstecher zur Barbarine und den sie umgebenden Felsformationen zu machen. Die Barbarine ist der bekannteste freistehende Felsen im deutschen Teil des Elbsandsteingebirges. Die 42,7 m hohe Felsnadel gilt neben der Bastei als eines der wichtigsten Wahrzeichen der Sächsischen Schweiz. Früher eine Herausforderung für Kletterer ist die Felsgestalt inzwischen für den Klettersport gesperrt, da sie durch einen Blitzschlag destabilisiert wurde.
Der Sage nach ist die Barbarine eine zu Stein gewordene Jungfrau, der Name des Felsens vom Vornamen des Mädchens abgeleitet. Die Ärmste soll sich sonntags statt in die Kirche zu gehen auf den Pfaffenstein geschlichen haben, um Heidelbeeren zu naschen. Dort wurde sie von ihrer Mutter entdeckt und vor der garstigen Alten verwünscht. Rabenmutter.
Fantastische Blicke ergeben sich auch von der Aussichtsplattform nahe der Barbarine und es fällt schwer, sich von diesen Anblicken zu lösen. Ohnehin könnten wir problemlos den Rest des Tages auf dem Pfaffenstein zubringen. Fast 40 Hektar groß ist das Naturschutzgebiet Pfaffenstein, das neben dem Plateau auch die Hänge umfasst. Und was gäbe es nicht noch alles zu entdecken! Doch ganz viel haben wir von unserer heutigen Etappe auf dem Malerweg noch nicht geschafft, wir müssen weiter. So machen wir uns an den Abstieg.
An der Diebeshöhle
Der Malerweg führt uns in einem Bogen hinab nach Pfaffendorf. Keine schlechte Idee, denn auch an den Hängen des Pfaffensteins gibt es ja noch vieles zu entdecken. Der Berg ist durchzogen von Höhlen und bietet am Wegesrand immer wieder Einblicke in den Berg und verwunschene Felsformationen. Etwas genauer sehen wir uns nur den Diebeskeller an.
Der ist eine breite und tief in den Berg reichende Höhle, die an ihrem so dunkel wird, dass man nur erahnen kann, wie tief sie wirklich in den Berg reicht. Sogleich spielen sich lebhafte Szenen vor dem inneren Auge ab. Die Dämmerung bricht herein und der Räuberhauptmann hat seine Männer um sich am Feuer versammelt. Die Beute verteilt im flackernden Feuerschein unter seinen Gefolgsleuten und bei einem Zechgelage schon die nächsten Raubzüge geplant werden…!
Durch Pfaffendorf
Falls es hier einst wirklich ein Räubernest gab, dann wird man im nahegelegenen Pfaffendorf vor dieser Bande ganz besonders auf der Hut gewesen sein. Den Ort erreichen wir wenig später und inzwischen brennt die Mittagssonne heiß auf unserer Wanderköpfe. Es geht stetig und recht steil bergab, selbst als wir den Ort erreicht haben, denn der Malerweg führt uns hier nun bis fast an das Ufer der Elbe, das wir schon bald erblicken.
Doch schon kurz darauf folgt ein steiler Anstieg, 200 Höhenmeter binnen kürzester Zeit bewältigen wir über schmale Waldwege und abermals so einige Stufen. Es ist bereits der Anstieg zur Festung Königsstein, die wir heute schon mehrmals aus einiger Entfernung gesehen haben. Denn weithin sichtbar ist das imposante Festungsbauwerk!
Imposante Festung Königstein
Wir erreichen die hoch aufschießenden Mauern der Festung, die teils auf den Felsen aufsattelt und nehmen den Panoramaaufzug nach oben. Die Trutzburg ist eine der größten Festungsanlagen Europas und als wir mit unserem Erkundungsgang auf der Festung beginnen, erahnen wir schon bald die ganzen Ausmaße dieser gigantischen Burg. 1800 Meter lang ist der Wallgang der Festung, den wir einmal komplett entlang gehen und so knapp zwei Kilometer zusätzlich machen.
Die Mauern der Festung verschmelzen allerorten mit den Sandsteinfelsen, die geschickt genutzt wurden, um die Festung praktisch uneinnehmbar zu machen. 50 Bauten umschließen sie, die teils schon 400 Jahre alt sind. Zum ersten Mal erwähnt wurde eine Festungsanlage auf dem Königstein im 13. Jahrhundert. Seither ist die Festung Königstein über viele Jahrhunderte immer weiter ausgebaut worden.
Vom Königstein nach Thürmsdorf
Wir genießen die Weitblicke über das ganze Land und fühlen uns selbst ein bisschen wie Könige. Und wir ziehen gedanklich den Hut vor den Baumeistern, die hier vor hunderten von Jahren etwas so Imposantes aus dem Boden stampften – ganz ohne die vielen heutigen technischen Möglichkeiten und trotzdem erfolgreicher als die Großbauprojekte unserer Zeit. Denn eingenommen wurde die Festung in ihrer langen Geschichte tatsächlich nie.
Schließlich nehmen wir wieder den Fahrstuhl hinab vom Plateau und machen uns an den Abstieg. Teils durch Wald auf schmalen Pfaden, teils über Felder führt uns der Malerweg nun nach Thürmsdorf und vorbei am Schloss Thürmsdorf. Inzwischen ist die 25-Grad-Marke erreicht, die Sonne brennt ungehindert vom Himmel und ein kurzer Blick in die Karte bestätigt die Befürchtungen: Ab jetzt geht es mindestens zwei Kilometer schnurgeradeaus ohne Schatten durch die Sonne.
So geht es nicht weiter…
Wir legen diesen Abschnitt schweigend uns schwitzend zurück bis wir schließlich ein kleines Waldstück und darin die Malerweg-Kapelle erreichen. Hier nutzen wir die Gelegenheit für eine kleine Rast im Schatten, ehe wir wieder unter den blauen Himmel treten und Weißig durchqueren, wo wir uns noch schnell ein Eis gönnen.
Noch drei Kilometer bis zur Fähre liegen vor uns und inzwischen macht sich die Anstrengung des Tages und die Sonneneinwirkung bei uns allen bemerkbar. Vielleicht waren auch die zwei Extra-Kilometer auf der Festung Königstein zu viel des Guten. Jedenfalls beschließen wir, das letzte verbliebene Highlight der Strecke ausfallen zu lassen: Der Tafelberg Rauenstein kann uns unmöglich noch etwas Vergleichbares zu dem bieten, was wir heute schon gesehen haben, denken wir uns.
Finale auf dem Malerweg
So schicken wir uns an, den Malerweg kurz zu verlassen, als dieser schließlich noch einmal in die Höhe möchte. Wir halten uns links, gehen am Rauenstein vorbei und treffen schon nach kurzer Zeit den Malerweg wieder, als dieser vom Rauenstein wieder herunterkommt. Nun ist es nicht mehr weit bis Pötzschau, das wir schließlich einigermaßen erschöpft erreichen.
Die Fähre erwartet uns schon und bringt uns in wenigen Minuten auf die andere Seite nach Stadt Wehlen, wo unser Hotel glücklicherweise nicht mehr weit ist. Es wird ein sehr kurzer Abend – nach einem gemeinsamen Essen sind wir allesamt so erschöpft, dass wir uns zeitig auf unsere Zimmer zurückziehen und den Schlaf der Gerechten schlafen. Den Kopf noch voll mit Erinnerungen an eine sechstägige Tour auf dem Malerweg, die sich für immer einen Platz in unserem Gedächtnis gesichert hat.
Ohrwurm für diese Wanderung: I am a rock
Warum will ich das wandern? Wegen unzähliger Highlights. Allein auf dem Pfaffenstein oder auf der Festung Königstein könnte man sich problemlos einen ganzen Tag aufhalten. Wer also ein richtiger Genusswanderer ist und die Zeit hat, kann für diese Strecke durchaus auch zwei Tage einplanen (und hat dann auch noch den Elan für den Rauenstein).
Bewertung
Natur ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ ★ ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★
Festungs-Faktor ★ ★ ★ ★ ★