Wir wollen den Hausberg Oerlinghausens erkunden, den Tönsberg. Da leider der Tönsberg Rundwanderweg die Hünenkapelle ausspart, entscheiden wir uns für eine alternative Route, die dem Tönsberg Rundwanderweg ähnlich ist. Auf ziemlich genau sieben Kilometern soll sie uns zu allen Highlights auf dem Tönsberg führen. Und da gibt es tatsächlich Einiges zu entdecken! Wir schnüren die Wanderschuhe und ziehen los…
Das tun wir direkt im Herzen Oerlinghausens, an der Alexanderkirche. Hier gibt es einen kleinen Parkplatz, ganz in der Nähe noch eine zweite Parkmöglichkeit. Damit parken wir unser Wandermobil fast schon direkt auf dem Hermannsweg, der uns gleich noch ein ganzes Stück begleiten wird. Bei einer Wanderung im Teutoburger Wald darf Hermann eben einfach nicht fehlen.
Zunächst geht es aber über einen kleinen Seitenweg über Treppen und eine Nebenstraße. Das ist etwas schöner, als dem Hermannsweg und der Straße zu folgen. Doch schon nach gut 300 Metern hat uns der Königsweg des Teutoburger Waldes wieder und wir folgen von nun an gute 2,5 Kilometer dem uns so vertrauten weißen H.
Bergauf zur Kumsttonne
Es geht ordentlich bergauf. Kein Wunder, denn der Tönsberg, auf den es uns zieht, ist fast 340 Meter hoch. Nach einem Drittel dieser Höhenmeter erreichen wir die Kumsttonne. Der alte Mühlenstumpf ist das Wahrzeichen Oerlinghausens. Die Rentkammer Detmold errichtete sie 1753. Gerade mal 60 Jahre war die Windmühle in Betrieb, ehe sie bei einem Sturm so schweren Schaden nahm, dass es auch schon wieder vorbei war.
„Kumsttonne“ klingt komisch und bedarf einer kurzen Erklärung. „Kumst“ ist ein alter Begriff für Weißkohl und der Topf wiederum, in dem der Weißkohl seinerzeit zubereitet wurde, ähnelte in seiner Form dem Mühlenstumpf, den wir heute sehen. Bei gutem Wetter haben wir von hier schonen einen tollen Ausblick. Doch an dem wollen wir uns gar nicht allzu lange aufhalten, denn Aus- und Weitblicke erwarten uns noch mehr. Und es geht schließlich noch weiter bergauf!
Ehrenmal und Meditationsweg
Wir passieren das frisch renovierte Restaurant im Berggasthof und erreichen schließlich das imposante Ehrenmal. Der große steinerne Bau aus dem Jahr 1930 erinnert an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus der Region um Oerlinghausen. Eine Mahnung zu Frieden und Versöhnung spricht das Denkmal aus. Mit ihm haben wir nun auch fast den höchsten Punkt auf dem Tönsberg erreicht.
Wir gehen weiter und bemerken am Wegesrand immer wieder Steine mit Bibelzitaten. Wir befinden uns auf dem Oerlinghauser Meditationsweg, den es seit 1996 gibt. Zum ihm gehört auch der größte dieser Steine, der sog. „Stein der Kardinalstugenden“. Der Oerlinghauser Bildhauer Bruno Buschmann hat ihn gestaltet.
Weitblicke vom Tönsberg mit Hermann Löns
Wir bemühen uns, auch weiterhin nicht vom Pfad der Tugend abzukommen, ebenso wenig wie vom Hermannsweg. Der führt uns nun noch an mehreren Aussichtspunkten mit großartig platzierten Bänken vorbei. Zum Verweilen ist es leider einfach zu kalt, aber im Sommer bieten sich die Plätze für eine Pause und ein kleines Picknick auf dem Tönsberg geradezu an!
Und noch ein Stein erwartet uns rechts des Weges: Der fast an eine Faust mit erhobenem Zeigefinger erinnernde Fels ist dem Natur- und Heimatdichter Hermann Löns gewidmet. Ja genau, der mit der Heide… Er soll 1898 höchstselbst genau hier über den Tönsberg gewandert sein. Sogleich haben wir einen Ohrwurm, den wir so schnell nicht wieder loswerden dürften…
Mystische Aura an der Hünenkapelle
Etwa dreihundert Meter weiter verabschieden wir uns vom Hermannsweg. Denn jetzt wollen wir der Hünenkapelle einen Besuch abstatten. An der führt der Hermannsweg leider nicht vorbei, daher biegen wir nun nach schräg links ab. Der Weg führt uns direkt auf die Hünenkapelle zu, die auch Tönskapelle genannt wird. Dabei handelt es sich um eine frühmitteltlaterliche Saalkirche, von der nur noch die Grundmauern stehen. Ein neuzeitliches Kreuz wurde in ihrem Inneren aufgestellt. Umgeben ist sie von einer Ringwallanlage, die als „Sachsenlager“ bezeichnet wird. Diese bildet eine von fünf vorchristlichen Befestigungsanlagen in Lippe.
Wer, wann warum diese Kapelle errichtet hat, ist nicht schriftlich überliefert. Es hält sich hartnäckig die Legende, Karl der Große selbst habe sie ihn Auftrag gegeben – aus Dankbarkeit für seinen Sieg über die Sachsen. Das ursprüngliche in der Hünenkapelle vorhandene Kreuz wurde übrigens nach der Zerstörung der Kapelle im Jahr 1548 in die Krypta des Paderborner Doms verbracht, wo es auch heute noch aufbewahrt wird. Wir machen eine kurze Pause und lassen diesen Ort auf uns wirken. Eine mystische Aura umgibt ihn.
Das Lipper Land zu Füßen
Ein kleiner Schlenker nach links und dann knickt unser Weg wieder nach rechts ab. Doch bevor wir weiter gehen, bleiben wir stehen und staunen. Wir staunen über den sagenhaften Ausblick ins Lipper Land, der schönste auf der gesamten Tour. Wir staunen aber auch darüber, warum der Hermannsweg diese Ecke mit der Kapelle und dem Weitblick ausspart. Manchmal scheinen Hermann und ich nicht dieselbe Sprache zu sprechen.
Vor uns führt der Weg steil bergab in die Wistinghauser Schlucht. Der Name macht neugierig, der Weg auch und wir widerstehen nur schweren Herzens der Versuchung, die Schlucht zu besuchen. Doch wir sind gekommen, den Berg zu erkunden, nicht die Schlucht. Und so setzen wir unseren Weg nach rechts fort. Hier verläuft er nun erstmals schön schmal, zwischen Bäumen und immer wieder mit Ausblicken in die Ferne. Wunderbar.
Ein Bach entspringt am Wegesrand
Unser Weg, der bergab führt, beschreibt einen kleinen Bogen und führt uns noch einmal über den Hermannsweg. Wir nähern uns nun der Sachsenquelle, die wir nach rund 500 Metern erreichen, nachdem wir das Naturfreundehaus passiert haben.
Hier entspringt der Schnatbach als Sturzquelle und speist auch ein Wassertretbecken. Bereits bei der Entstehung der Wallanlage um etwa 400 v. Chr. war die Quelle ein entscheidender Bestandteil der Anlage und lieferte das Trinkwasser im Falle einer Belagerung. Um sie in die Wallburg einzuschließen, führten die Erbauer den südwestlichen Hauptwall um die Quelle herum.
Eine Brücke führt über den hier beginnenden Schnatbach, das Wasser sprudelt plätschernd den Berg hinunter und eine Schautafel informiert uns in dieser idyllischen Atmosphäre über die Sachsenquelle und deren Renaturierung. Ja, hier lässt es sich aushalten, so lernen wir gerne dazu!
Schönes Bergstädtchen Oerlinghausen
Rund 1,5 Kilometer geht es nun auf schönen Waldwegen weiter, ehe wir die ersten Ausläufer des Bergstädtchens Oerlinghausen erreichen. Von jetzt an führt der Weg durch Siedlungsgebiet. Das klingt unromantischer als es ist, denn das kleine Städtchen ist durchaus sehenswert. Die vielen in Hanglage gebauten Häuser sind ein ungewohnter Anblick und bieten Abwechslung bei unserer Wanderung durch die schmalen Straßen. Bald gerät auch der Kirchturm der Alexanderkirche wieder in unser Blickfeld und wir können uns an ihm orientieren. Schon bald ist der Parkplatz wieder erreicht.
Nun lohnt sich noch ein kurzer Besuch in der Alexanderkirche. Der Bau geht immerhin auf das neunte Jahrhundert zurück! Die mit Schnitzereien verzierte Orgel und die bunten Glasfenster sind beeindruckend. Etwas außerhalb gelegen ist das Archäologische Freilichtmuseum, das von der Geschichte und dem Alltag unserer Vorfahren in der Steinzeit und im frühen Mittelalter berichtet. Auch hierher lohnt sich sicherlich ein Abstecher. Wir nehmen uns das für den nächsten Besuch in Oerlinghausen vor, denn schließlich wollen wir auch noch die Wistinghauser Senne erkunden. Doch das ist eine andere Geschichte…
Ohrwurm für diese Wanderung: Go tell it on the mountain (wahlweise Hermann Löns, die Heide brennt…)
Warum will ich das wandern? Weil uns hier auf kurzer Distanz eine Menge geboten wird und wir eine kleine Reise in die Vergangenheit unternehmen.
Bewertung
Natur ★ ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★ ★
Romantik ★ ★ ★
Sachsen-Faktor ★ ★ ★ ★
INFOS
Rundwanderweg, 7 km lang
Höhenmeter: 140 m
Gehzeit: 2 Stunden
Schwierigkeit: leicht-mittel
Start: Parkplatz an der Alexanderkirche