Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Fährfahrt ist es auch – wenngleich auch viel zu kurz. Zumindest wenn es um die Fährfahrt von Schmilka zum anderen Elbufer geht. Diese steht an unserem fünften Wandertag auf dem Malerweg als Erstes auf dem Programm. Heute soll uns der Malerweg von Schmilka bis zum Kurort Gohrisch führen. Rund 16 Kilometer und mehr als 700 Höhenmeter stehen an.
Die ersten rund 100 Höhenmeter kommen mit brachialer Gewalt direkt nachdem die Fähre am anderen Ufer der Elbe die noch etwas verschlafenen Wanderer ausgespuckt hat. Über steile Pfade und zahllose Treppen geht es bergauf. Kurz durchschnaufen ist danach notwendig, ehe es – nun deutlich behäbiger – weiter bergauf geht. Nun wandern wir auf einem Plateau und vor der Morgensonne ungeschützt. Zur Linken sehen wir den 384 Meter hohen Zirkelstein liegen, zur Rechten die 351 Meter hohe Kaiserkrone.
Un(Schöna)
Wir erreichen den Ortsrand von Schöna. Hier würde der Malerweg nun eigentlich in einem kleinen Schlenker am Ortsrand weiterführen. Da aber auch dort Asphalt treten angesagt wäre, entscheiden wir uns für den Weg direkt durch den Ort und kürzen so ein wenig ab. Die Einwohner Schönas mögen mir die folgenden Zeilen verzeihen.
Der Ort wirkt wie eine alte Kinderschaukel, die vor vielen Jahrzehnten errichtet wurde, aber ihren Dienst getan hat und in einer stillen Ecke des Gartens in Vergessenheit geriet und nach und nach immer Rost ansetzte. Inzwischen macht um die traurige Kinderschaukel selbst der TÜV einen großen Bogen. Verfallene Häuser und vernachlässigte Grundstücke prägen das Bild entlang der Straße. Hier und da gibt sich jemand besonders viel Mühe mit seinem Haus und seinem Vorgarten, doch das Gesamtbild bleibt leider furchtbar trist. Dass sich hier Resignation breit macht, kann man leider gut verstehen.
Malerweg ohne Liebreiz
Nach gut 1,5 Kilometern sind wir hindurch und nun liegt Grundhäusen zur Rechten, das Bild jedoch bleibt ähnlich. Auch der Malerweg selbst ist auf diesem Abschnitt unschön. Viel Asphalt, Verbunddecken, Schotterwege, kein Liebreiz. Erst als wir auch die kleine Ortschaft Buschmühle durchquert haben, wenigstens wieder ein kleines Wäldchen und ein Wiesenweg.
Der führt uns ein Stück auch entlang des Caspar-David-Friedrich-Weges. Der Maler hatte ein besonderes Faible für die Sächsische Schweiz. Das Bild, das sich ihm hier Anfang des 19. Jahrhunderts geboten haben mag, war sicherlich ein anderes, vermutlich ein schöneres.
Unmut macht sich breit
Über eine weitere Schotterpiste erreichen wir schließlich Reinhardtsdorf-Schöna, das wir nur kurz durchqueren. Zur Rechten liegt hier auch eine recht einladend aussehende Wandererhütte mit schönem Biergarten. Leider ist hier außer uns niemand zu entdecken, die Hütte hat geschlossen.
Am Ortsrand führt uns der Malerweg weiter auf breiten Schotterwegen mit Blick immerhin auf eine Pferdekoppel. Inzwischen haben wir fast sechs Kilometer zurückgelegt und ich bin zunehmend unleidlich, denn ich befürchte, dass es auf dieser Seite der Elbe nun bis zum Ende unserer Tour so weitergehen könnte. Und von Wandergenuss waren die ersten sechs Kilometer des heutigen Tages so weit entfernt wie Thomas Gottschalk von einer Frisur.
Malerweg schlägt Versöhnungskurs ein
Dann geht es jedoch endlich wenigstens wieder in einen Wald. Ich bin etwas besänftigt. Der Malerweg wird hier nun bedeutend schmaler und allmählich auch idyllischer. Wir erreichen eine kleine Aussichtskanzel. Der Ausblick erinnert ein wenig an den gestrigen – viel Wald sehen wir von hier aus. Doch immerhin, heute sind wir auch mit weniger zufrieden.
Der Malerweg führt uns nun – wir kennen das schon – über viele Treppen und schmale Pfade steil bergab bis wir das kleine Örtchen Krippengrund erreichen. Das ist schnell durchquert und auf der anderen Seite geht es – wir haben es geahnt – gleich wieder bergauf. Irgendwoher müssen die 700 Höhenmeter ja auch kommen.
Anlauf auf den Papststein
Fast zwei Kilometer folgen fast ohne Höhenmeter, nun aber deutlich idyllischer als zuvor. Dann kündigt sich der nächste Anstieg an und ab jetzt wird es eine ganze Weile, fast drei Kilometer, stetig bergauf gehen. Wir passieren die Liethemühle am Liethebach und erreichen Kleinhennersdorf, das wir jedoch nur streifen. Entlang einer Straße gehen wir auf den Kleinhennersdorf-Stein zu, der fast 400 Meter emporragt.
Ihn erklimmen wir jedoch nicht, sondern biegen zuvor nach links ab und gehen zwischen Waldrand und Weidefläche, dem Stephansgrund, fast einen Kilometer weit bis wir ein Wildgehege passieren. Ab hier biegt der Malerweg in den Wald ein und nimmt Anlauf auf den Papststein. Dieser Tafelberg ist rund 450 Meter hoch – und wir wollen natürlich ganz hinauf!
Wandererglück auf dem Papststein
Die Stufen, die den Weg befestigen und stabilisieren sollen, ziehen sich schier endlos vor uns hin. Inzwischen ist es wieder um die 25 Grad warm und trotz der schattigen Wege geraten die drei Wanderer mächtig ins Schwitzen. Doch endlich oben angekommen passiert es nun doch noch: Das Wandererherz hüpft, jubiliert und vollführt angesichts der Ausblicke Freudentänze. Schlagartig sind die ersten sechs Kilometer vergessen und verziehen.
Denn was sich uns hier auf dem Papststein bietet, ist grandios. An jeder Ecke des Tafelberges wartet ein neuer, fantastischer Ausblick in die Weite der Ebene, die den Berg umgibt. Ein völlig anderer Blick als auf den ersten vier Etappen. So weit wie hier konnten wir da niemals schauen. Statt dicht bewachsener Berge und Felsen blicken wir nun herab auf Äcker, Wiesen, Felder und sanfte Hügel. Nicht zu vergessen die vielen weiteren Tafelberge im Umland.
Biergarten, Ausblicke und weiter zum Gohrisch
Um das Wandererglück perfekt zu machen, erwartet uns oben auf dem Tafelberg auch noch eine Gaststätte mit einem einladenden Biergarten. Natürlich nehmen wir Platz und ein Getränk. Ringsum die „Bergwirtschaft“ finden sich dann auch die spektakulärsten Aussichtsplattformen, von denen es hier zahlreiche gibt. Wir genießen sie alle und können uns kaum sattsehen an dem Spektakel, das sich uns hier bei blauem Himmel und klarer Sicht bietet.
Doch irgendwann lösen wir uns schweren Herzens und folgen dem Malerweg wieder bergab. Doch nicht allzu lange, denn bald schon steht der nächste Anstieg auf dem Programm. Nach nicht mal 600 Metern türmt sich der Gohrisch vor uns auf und fordert uns heraus. Wir nehmen den Fehde-Handschuh auf und den Anstieg in Angriff. Bora und Herrchen müssen hier wieder eine einfachere Route bergauf nehmen, während Ralf und ich die Leiter-Variante wählen.
Die macht richtig Spaß, auch wenn sie natürlich einmal mehr kräftezehrend ist. Doch sind es hier nicht mehr ganz so viele Höhenmeter wie zuvor am Papststein, wenngleich der Gohrisch mit 440 Metern vergleichbar hoch ist. Und so erwartet uns oben angekommen ein zweites Mal pures Wanderergold.
Auf dem Gohrisch
Wir durchstreifen das Plateau des Tafelbergs, kraxeln über Felsen, erkunden Aussichtspunkte, verlieren uns ob so viel Erkundungseifer und finden dann doch wieder zusammen. Von einer Felsennadel aus sehen wir schon unser Tagesziel zu unseren Füßen liegen: Der Kurort Gohrisch wartet unten bereits auf uns.
Wir genießen jedoch zunächst ausgiebig den Augenblick, lassen uns auf einer Felsformation sitzend, den kühlen Wind um die Nase wehen und blicken hinab. Ein erhabenes Gefühl, das sonst nur alpine Wanderer kennen. Echte Freiheit spürt man in diesen Momenten, ein Glücksgefühl, das nur schwer in Worte zu gießen ist. Durchatmen, Füße und Seele baumeln lassen und einmal im wahrsten Wortsinne über den Dingen stehen. Na gut: sitzen.
Get together der Wanderer
Nur knappe zwei Kilometer sind es danach noch von der Spitze des Gohrisch hinab bis zum Kurort und unserer Unterkunft am Ortsrand. Es folgt ein etwas zu feucht-fröhlicher Abend im dortigen Biergarten. Denn inzwischen haben wir bei den einzelnen Etappen freilich mehrere andere Wanderer immer wieder getroffen und sind mit ihnen auch immer kurz ins Gespräch gekommen.
Das vertiefen wir am heutigen Abend und zwar in großer Runde. Zwar schließt auch die hiesige Gastronomie um 21 Uhr die Türen ab, doch der Biergarten bleibt offen und wir dürfen sitzen bleiben. Einige Batterien Riesling und Obstler erstehen wir flugs noch mit der letzten Rechnung. Auf einen sehr kurzweiligen Abend folgt eine kurze Nacht.
Warum will ich das wandern? Sechs dieser 16 Kilometer braucht kein Mensch. das ist die traurige Wahrheit. Deshalb möge man sie schnell hinter sich bringen und wo es eben geht die Augen verschließen. Doch was dann folgt, entschädigt für diesen Totalausfall des Malerwegs. Der Papststein und der Gohrisch sind fantastisch und machen einfach Spaß.
Bewertung
Natur ★ ★ ★
Ausblicke ★ ★ ★ ★
Abwechslung ★ ★ ★
Romantik ★ ★
Tafelberg-Faktor ★ ★ ★ ★ ★
Etappenwanderweg, ca. 16 km lang
Höhenmeter: 711 m
Gehzeit: 6 Stunden
Schwierigkeit: schwer
Start: Fähranleger Schmilka
Alle Etappen der Malerweg-Wanderung:
Tag 1: Von Stadt Wehlen bis Hohnstein
Tag 2: Von Hohnstein bis Bad Schandau
Tag 3: Von Bad Schandau bis Lichtenhain
Tag 4: Von Lichtenhain bis Schmilka
Tag 6: Von Gohrisch bis Stadt Wehlen